Komplizierte Kompetenz

Werbung
Werbung
Werbung

"Ich weiß, das klingt alles sehr kompliziert": Sonja Hammerschmid ist die neunte Unterrichtsministerin seit Fred Sinowatz, der dieses Bonmot aber erst 1983 als Kanzler prägte. Seitdem haben sich weder die Herausforderungen an Schulen noch die Aufgaben im Bildungsressort vereinfacht. Deshalb erwägt seine Chefin ein neues Unterrichtsfach "Digitale Kompetenz".

Das klingt zwar nicht sehr kompliziert, wirkt aber wie ein Flug zum Mond vor der Erfindung des Autos. Denn zu den großen Versäumnissen in Österreichs Schulentwicklung gehört die Vermittlung jener demokratischen Qualifikation, ohne die digitale Kompetenz zwangsläufig bloß eine technische Fähigkeit bleiben muss. Den meisten Schulabsolventen fehlt es gleichermaßen an Grundwissen zu Medien und Wirtschaft wie an politischer Bildung.

Auf Basis eines solch massenhaften Kenntnismangels sind die aktuellen Auseinandersetzungen über eine vierte wie fünfte Staatsgewalt - herkömmliche Medien und digitale Netzwerke - zum Eliten-Diskurs verdammt. Dass ausgerechnet Bild nach US-Präsident Donald Trump auch Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg interviewt, ändert nichts daran. Sie sagt: "Wir wollen nicht entscheiden, was die Wahrheit ist", denn: "Wir schreiben keine Artikel. Wir bearbeiten keine Artikel." Prompt assistiert Mathias Döpfner, Chef des Springer-Konzerns, dem das Boulevardblatt gehört, erst wenn Facebook einen Chefredakteur einstelle, wäre das der Startschuss zur Gegenwehr: "Verlage sind dafür verantwortlich, dass die Wahrheit berichtet wird. Facebook verteilt sie nur."

Während die Politik noch versucht, diese Netzwerke per Medienrecht zur besseren Kontrolle der Inhalte ihrer Nutzer zu zwingen, betreiben die wirtschaftlich Betroffenen immer intensiver Arrangements zwischen Content-Schöpfer und Vertriebsweg. Digitale Kompetenz? Ich weiß, das klingt alles sehr kompliziert.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung