Kopflastige Sprechblasen

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Uraufführung von Kathrin Rögglas Stück "junk space" beim steirischen herbst.

Moment, bleiben sie doch hier! Ihnen schaut da die Angst zum Körper heraus. Darüber muss geredet werden, wenn nötig mit Strategie. Einer Art verordneter Auseinandersetzung glich auch Kathrin Rögglas Theaterabend im Programmkanon des steirischen herbst, realisiert als Koproduktion mit dem Züricher Theater am Neumarkt im Grazer Kristallwerk.

Die 1971 in Salzburg geborene Wahlberlinerin zählt zu den derzeit außergewöhnlichsten Sprachbearbeiterinnen, die ohne selbst zeitgeistig oberflächlich zu klingen, dem alltäglichen Sprech- und Sprachgewirr einen Sound entlockt, der genuine Literatur wird. Für ihr Stück "junk space" entlieh sie sich Rem Koolhaas' Analysen über den Weltraumschrott, alias space junk. Daraus gewann Röggla einen neuen beschleunigten Welt-Raum, den sie auf sprachlich subtile Weise mit einem Haufen Angstgestörter belebte.

Neunzig Minuten lag nisteten sich (Regie: Tina Lanik) in der schalldichten Brutstube aus weißen Lochholzfaserplatten fünf von diesen Nachhaltigkeitsangsthasen, Transparenzneurotikern, Zeit-, Handy- und Staupanikern ein.

Rögglas Sprachsound (auch gesprochen klingt es nach Kleingeschriebenem) frisst sich dabei in deren Köpfe. Jeder unter ihnen hat sein opferungswürdiges Problem: die Angst vor dem Fliegen. Gemeinsam verfolgt wird ein Ziel: die Verminderung der Verhaltensauffälligkeit. Katastrophenzwang, Vermeidungsstrukturen und Fehlerkettenmagnetismus filtrieren konsequent den inszenierten Therapieraum, dem Herr Klose, Flugangstseminarleiter und Bestsellerautor, durch seine dauerhafte Abwesenheit einen Anflug von Komödie verleiht. Dennoch konnte das Trimm-Dich Stück für Angsthasen (so der Untertitel) nicht wirklich steil Richtung Theater abheben. Zu kopflastig waren in Summe die Sprechblasen, die den flugphobischen Figuren aufstiegen.

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