Krimis als Gastgeschenke

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Die Freunde kamen pünktlich, aber, wie es schien, mit leeren Händen. Keine Blumen, keine Flasche Wein. Nein, sie kramten aus einem kleinen Papiersack drei Taschenbücher. Krimis von Hammett, Macdonald und Chandler. Die müsse man gelesen haben. Dabei haben wir schon genug davon, heimische und ausländische, Haas und Komarek, Donna Leon und die Finnin Lehtolainen; sie vor allem habe ich in bester Erinnerung, denn da klatschte immer der kalte Schneeregen gegen die Windschutzscheibe der Kommissarin, während ich in Kroatien in der Sonne lag und mir mittels finnischer Lektüre virtuelle Kühlung verschaffte.

Nicht nur die Krimibibliothek wächst. Es gibt Abende, an denen das Fernsehen ab 20.15 Uhr auf allen Kanälen nichts anderes zu bieten hat: Tatort, Der Alte und der Fall für zwei sind da schon alte Hüte, CSI oder The Closer kommen gleich mehrfach hintereinander, mindestens eine Leiche inbegriffen. Genügt es nicht, die Zeitung zu lesen? Sie ist alltäglich voll von Verbrechen aller Art. Auch sind die Zeiten nicht langweilig genug, dass man sich mittels Kriminalromanen den fehlenden Kick verschaffen müsste.

Krimis sind ein paradoxes Genre. Geschrieben oder gesendet zeigen sie eine heile Welt. In dieser heilen Welt finden zwar Verbrechen statt, aber nur als Anlass für die Lösung. In der heilen Welt der Krimis werden die Schuldigen gefasst und die Unschuldigen rehabilitiert. Nach 100 Seiten, nach 60 Minuten siegt das Gute über das Böse. Wo gibt es das im richtigen Leben? Krimis enthalten eine eschatologische Verheißung, sie sind Kurzfassungen der Apokalypse, in der das Schreckliche dazu dient, um die endgültige Übermacht der Gerechtigkeit zu demonstrieren.

Davon kann man nicht genug kriegen. Blumen und Wein mitzubringen, ist wirklich nicht originell. Wählen Sie Krimis als Gastgeschenke!

Der Autor ist freier Journalist.

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