Lechzen nach Alkohol und Bedeutung

Werbung
Werbung
Werbung

"Wir wollen Frieden, und wir werden ihn kriegen", sagt Gavin (Michael Masula), der Gastgeber einer Party, bei der nur reiche und schöne Menschen geladen sind, die einander nichts zu sagen haben. Ihre Zeit verbringen sie in Schwimm-, Tennis- und Golfclubs, führen teure Kleider aus und schwätzen über Mode und Geschmack.

Vor der fest verschlossenen Tür dieser dekadenten, sich in scheinbarer Sicherheit wiegenden Gesellschaft finden Terroranschläge statt. Doch Gefühle wie Angst, Liebe und Zuneigung haben in der Upper Class nichts verloren. Immer wieder fragt Dusty (Mavie Hörbiger) nach ihrem Bruder Jimmy, doch darauf geht niemand ein. Lieber redet man von schönen Körpern, teurem Essen und originellen Urlauben. Smalltalk unter Reichen eben. Bis Jimmy (Christoph Radakovits) hereinplatzt und den Gastgeber erschießt.

Regisseur Milos Lolic´ (36), in Ex-Jugoslawien aufgewachsen, hat Krieg und Terror hautnah erlebt. Er zeigt in seiner Inszenierung von Harold Pinters "Party Time" im Kasino am Schwarzenbergplatz mehr als die Abschottung der Reichen, ihm geht es um die Darstellung der emotionalen Kälte einer wohlstandsverwahrlosten, empathielosen Gesellschaft, deren einzige Werte Macht, Geld und Sex sind.

Also lässt er eine zweite "Runde" drehen, und der Einakter geht von vorne los. Diesmal quetschen sich die Körper der Darsteller aneinander, ihre Gesichter entgleisen, verziehen sich zu bösartigen Fratzen. Die Snobs verlieren die Kontrolle, sie winden, reiben und lechzen nach Alkohol, Lust und Bedeutung. Von einem Gerüst, das zugleich als eine Art Party-Deck fungiert, stürzen sie beinahe ab, auch wenn sie versuchen, die Form zu wahren.

Abgeschottet und verwahrlost

Doch der einstündige, leider mühsame Abend ist noch lange nicht vorbei: Im dritten und letzten Durchgang geht Lolic´ an die Substanz. Die Akteure wälzen sich in Unterwäsche auf dem Boden. Endlich zeigt sich die menschliche Verwahrlosung hinter der Fassade dieser abgeschotteten Gesellschaft. Wahllos verbinden sich die Körper, Gruppensex ist ihre Spielund Kommunikationsart, denn zu sagen haben sie einander ohnehin nichts.

Milos Lolic´ wählt einen interessanten konzeptuellen Zugang, seine Inszenierung aber ist bemüht und seltsam stumpf. Das liegt einerseits an der inkonsequenten Regie, die viel möchte, sich aber wenig traut, andererseits fehlt das richtige Team für diese Art des szenischen Zugriffs. Die Burg-Darsteller sind im literarisch-konventionellen Theater routiniert, wirken aber in dieser performativen, körperorientierten Arbeit unbeholfen und ratlos. Am Ende - nachdem sie die halbnackten Körper mit Goldflitter verschönert haben - kriechen sie ins Freie, nur eine, Dusty, bleibt buchstäblich auf der Strecke. Wie auch der künstlerische Ansatz von Lolic´' Burg-Debüt. Schade.

Party Time

Kasino, 5., 6., 8. Februar

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung