Verträumt die sich im Wind wiegenden Blumen betrachten oder sich ganz im Spiel der Schmetterlinge verlieren, während eine sanfte Brise den weißen Vorhang am sonnendurchfluteten Fenster leise aufbläht; entrückt nachdenklich über die Bäume im Garten meditieren und sich daneben des Tuberkulose-Hustens, der Geldnot sowie verkennender Kritiken erwehren und an einer unmöglichen (Standesdünkel!) Liebe verzweifeln: Knallharte Klischees regieren das vorviktorianische England und seine poesiebegabten Bewohner – seit es Filme darüber gibt. Motto: Leiden, aber schön.
Nicht anders in Jane Campions („Das Piano“) historisch inspiriertem „Bright Star“, der die beiden letzten Lebensjahre des englischen Dichters John Keats (Ben Whishaw) beleuchtet, der sich mit 23 in seine reiche Nachbarin Fanny Brawne (Abbie Cornish) verliebte und 1821 an Tuberkulose starb. Der danach öffentlich gewordene Briefwechsel zwischen den beiden sorgte in der Society für einen handfesten Skandal – und ist Motor in Campions Film: Von unbändiger Verzehrung wie zügelnder Keuschheit geprägt war diese „Schriftbeziehung“, die beider Hochstimmungen und Depressionen spiegelte – und bestimmte.
Als lyrisch reflexive Meditation wurden Keats’ Gedichte postum gewürdigt – eine Rezeption, aus der sich Campions Bildsprache speist: Die ruhelose Kamera reibt sich effektiv mit perfekt komponierten, ausgewogenen Bildern. Allerdings verhindern genau diese echte Emotionen. Die vielen errötenden Wangen, verzehrenden Blicke und verzweifelten Gesten vor adrett arrangierten Obstschalen, Teetischchen oder auch perfekt drapierten Krankenlaken machen das Leiden hier immerhin so schön, dass zumindest das wirklich weh tut. (Alexandra Zawia)
Bright Star – Meine Liebe. Ewig. (Bright Star)
GB/AUS/F/USA 2009. Regie: Jane Campion. Mit Ben Whishaw, Abbie Cornish.
Verleih: Tobis. 119 Min. Ab 24.12.
