Männermörderin in Lack und Leder

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Christiane Hörbiger zeigt sich in der brillanten, tiefschwarzen Kinosatire "Die Gottesanbeterin" von ihrer bösesten Seite.

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Christiane Hörbiger zeigt sich in der brillanten, tiefschwarzen Kinosatire "Die Gottesanbeterin" von ihrer bösesten Seite.

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Der Sprung vom unterdrückten Opfer zur eiskalt agierenden Männermörderin mit Engelslächeln ist klein, für Trixi Jancik ist er die Erlösung. Regisseur Paul Harater liefert mit "Die Gottesanbeterin"eine fulminante tiefschwarze Filmsatire, die mit gnadenlosem Sarkasmus in die eiskalten Gefilde der österreichischen Seele einer vom Ehemann bis an die Schmerzgrenze geknechteten Frau entführt.

Schon die erste Einstellung sagt alles. Eine weiße Braut, Konfettiregen, der Ehering entgleitet in die tiefsten Schächte eines Kanalgitters. Dort frisst ihn ein Fisch, den schluckt ein Hai, den töten Menschen. Ausspucken wird den Ring Prinzessin Diana beim Dinner mit Prinz Charles. Gerührt wird sie ihn für einen Heiratsantrag halten. Fressen und gefressen werden. Darüber zarter Zuckerguss. Lüge und Täuschung überall.

Christiane Hörbiger brilliert in ihrer Rolle als Trixi Jancik. Mit verbissener Stille erträgt sie die Launen ihres knausrigen Gatten Siggi (Klaus Ofczarek), das bunkerartig dunkle Gemeindebaugefängnis, in dem sie ihre Ehehölle aussitzt. Selbst Sohn Heli (Simon Schwarz als verwöhntes Muttersöhnchen) und Schwiegertochter Gabi ergreifen die Flucht, sobald sie können. Pflichtbewusst pflegt die Ehefrau den kranken Despoten, noch keimen Widerstand und abgrundtiefer Abscheu nur im Inneren.

Christiane Hörbigers Trixi wirkt zu diesem Zeitpunkt alt, faltig, fahl. Doch ihr Leben birgt Geheimnisse. Vor einem Schließfach am Südbahnhof erfolgt die Verwandlung von der karg gehaltenen Hausfrau zur etwas abgetakelten Dame mit Stil. Perücke, Make-up, Kostüm verhelfen zu Auftritt und Wetteinsatz beim Pferderennen, ein kleines lokales Trostpflaster für den Traum von Ascot. Doch das böse Auge aus dem Gemeindebau, Nachbar Karli Köcker (Peter Faerber) beobachtet Trixis Doppelleben, wird ihr zum Schatten und zum dauernden Erpresser.

Als der Ehemann seiner Frau mit geifernder Bösartigkeit eröffnet, dass er sie enterben möchte und eine Million weggelegt hat, ist die Zeit gekommen. Trixi schreitet zum Medikamentenkasten und rührt die tödliche Mischung ins Mineralwasser. Skurril eine nächtliche Szene im ehelichen Schlafgemach: Mann Siggi starrt mit kaltem Fischauge ins Dunkel, die besorgte Ehefrau will es schon zudrücken. Der Tod kommt dann erst etwas später, Abgründe der Sexualpraktiken des jahrelangen Partners tun sich beim Ordnen des Nachlasses auf. Mit dem mordenden Befreiungsschlag erblüht die "Gottesanbeterin".

Auf dem Rennplatz macht sie eine Eroberung, Dandy Ulrich Stein (Jan Niklas) lässt im Geiste romantische Liebesglocken klingeln, die Vernunft aber rät zur nächsten Geldheirat. Schlossambiente diesmal, mit Hirschgeweihen bestückt. Herbe Liebesszenen, ein geifernder, fettleibiger Beamtenpensionist (Gerhard Ernst) pocht auf seine ehelichen Rechte, mit Cognacglas in der Hand und Todesverachtung erfüllt Trixi, was sie kann. Das Umfeld ist anders, die Machtverhältnisse auch, die Hölle bleibt die gleiche, die medizinische Mischung auf dem Guglhupf wirkt schon wesentlich rascher.

Ehegespons Nummer drei verlangt Christiane Hörbiger gänzlich neue Facetten ab: der exzentrische Maler Julius Quellenreich (Udo Kier) sucht Strafe, Peitsche und Mama in der Liebe, Trixi in Lack und Leder ist umwerfend, die große Liebe allerdings auch nicht von langer Dauer. Die Lage spitzt sich zu, als Nachbar Karli wieder auf- und mit Beweisen antanzt. Er muss entsorgt werden. Säuberlich tranchiert, auf Fleischtassen, in gelben Meinl-Sackerln werden von einer seelenruhigen Trixi seine fleischlichen Überreste in der Straßenbahn auf den Zentralfriedhof gefahren. Dem Hund des neuen Schwarms Ulrich (Jan Niklas) schmecken sie beim Romantik-Picknick, ihre Hochzeit erfüllt Trixis Träume. Lange dauern werden sie nicht.

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