Medienhype um Minarette

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Was ihren Nachbarn, den Schweizern jetzt widerfährt, kennen die Österreicher ja schon: Wenn das Stimmvolk einmal aufmüpfig aus dem Konsens der „Political Correctness“ ausschert, auf den sich die politischen Eliten stillschweigend zu verständigen pflegen, dann ist die Hölle los, dann fallen die großen Nachbarn über kleine Länder her, dann kommt es zu den Medienhypes der „Mainstream“-Medien: Weil „man“ sich ja bei den kleinen Nachbarn, einschließlich in deren Seelenleben, bestens auszukennen glaubt, wird wild darauflosspekuliert und -geschrieben. Und weil Recherche Geld und Zeit kosten würde, schreibt obendrein einer vom anderen hemmungslos ab.

Den Schweizern ergeht es jetzt so, weil sie mehrheitlich ihr Land nicht mit Minaretten bestückt sehen wollten. Unisono wird ein Problem, bei dem es im Kern um eine baurechtliche Regelung und allenfalls um die Ästhetik von Stadtarchitektur geht, zu einer Frage von Menschenwürde und Religionsfreiheit hochstilisiert, als würden in der Schweiz Muslime an der Religionsausübung gehindert, während in Mekka Kirchglocken und Muezzins im friedlichen Wettbewerb konkurrierten.

Vor ein paar Jahren ging es den Österreichern ähnlich, als Jörg Haider seine großen Wahlerfolge erzielte. Damals konnte Putin in Tschetschenien ungestört ein ganzes Land in Schutt und Asche legen. Die Medien in Europa waren vollauf damit beschäftigt, Österreich zu diskreditieren. Heute ist Putin noch immer an der Macht. Und in Italien toleriert und akzeptiert EU-Europa einen Premierminister, der fast alle wichtigen Medien kontrolliert, der seit Jahren Gesetze erlässt, die entweder ihn selbst vor Strafverfolgung schützen oder sein Medienimperium geschäftlich privilegieren. Das wird von Europas Leitmedien zwar nicht völlig untergebügelt, aber irgendwie hingenommen. Denn sie sind ja vollauf damit beschäftigt, über die älteste Demokratie Europas, die kleine Schweiz, herzufallen.

* Der Autor ist Medienwissenschafter in Lugano/CH

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