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Thomas Bernhard am Tiroler Landestheater

Mit Thomas Bernhards "Über allen Gipfeln ist Ruh" überzieht im Tiroler Landestheater ein messerscharfer Krieg wortgewaltiger Sarkasmen die deutsche Dichterlandschaft. Der von Literatur-, Presse- und Kommerzwelt zum Poeten der Nation erkorene ehemalige Dachdecker Moritz Meister (ein herrlicher Günter Gräfenberg, der souverän alle Stückeln spielt!) hat soeben seine gigantomanische Tetralogie geboren. Ein wahres Opus Magnum - einzureihen wohl im Goethe-Umfeld -, welches sogar die prächtigsten "Sauerkirschen-Zyklen" etc. des hehren Dichterlings, der "immer den richtigen Reim findet", an die Wand episieren wird. Zumal er sich darin selbst als "geistesdeutschem Professor Stieglitz" ein leuchtendes Denkmal setzt. Da ist totale Anbetung angesagt.

Die Poetengattin, eine wirkliche Dame (Eleonore Bürchers schauspielerische Größe kommt voll zum Tragen), himmelt in stereotypen Worttiraden den verzweifelt komischen literarischen Hoffnungsträger inbrünstig an und bejauchzt in Endlosmonologen ihr glückhaftes Dasein, das sie mit jedem Jubelschrei zur banalen Farce herabzieht. Der begnadete King of Schnulz himself läutet volllippig sein Pfauen-Credo ein, steigert sich in pausenloser Selbstbeweihräucherung in einen Rausch des Bekennens eigener dichterischer Übergröße (XXL) und massakriert zum schön-schundigen Ende seine erwartungsfrohen Zuhörer mit schnarchlangweiligem Tetralogie-Müll: die Dissertantin mit dem waidwunden Verehrerblick, den windigen Reporter, den kommerzgeilen (Geld)-Verleger, die devote Hausgehilfin, den verschüchterten Briefträger. Alle Typen sind hervorragend gewählt und präsentieren sich - die Hände zum rituellen Beklatschen ihrer selbstgestrickten Ikone erhoben - als hohle Vertreter einer marktorientierten Trivialgesellschaft. Die sensible Inszenierung Christoph Hofrichters vermeidet übergrelle ironische Attacken, wodurch die beklemmende Tragikomik dieses "Dichter"-Schicksals umso deutlicher hervortritt.

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