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Das erste Mal war es Rache für eine Vergewaltigung - aber längst schon ist sie professionell in Diensten der "Oberharten" unterwegs. Für lange Zeit verschwindet sie, ohne ein Wort darüber zu verlieren wohin. Die Freunde merken nur an ihrem Aussehen, dass wieder etwas passiert ist: Nach jedem ihrer Trips kommt sie aufgeschwemmt und dick zurück.

Doch ihre Zeit neigt sich dem Ende zu. Rosario wurde angeschossen und von einem Freund ins Krankenhaus gebracht. Antonio, der Ich-Erzähler, wartet dort auf Nachricht von den Ärzten und erinnert sich an Rosarios Leben, und das war ganz und gar außergewöhnlich, allerdings nicht in der Realität Kolumbiens: handelt es sich doch um eine Frau, die in ihrem Leben mehr als einen Mann ermordet hat. Rosario Tijeras ist "sicaria", Auftragskillerin.

Dabei wird hier eine Liebesgeschichte erzählt. Antonio (nur ein guter Freund, aber unsterblich in Rosario verliebt) macht in seinem Nachdenken über die gemeinsame Zeit die mehrfache Mörderin zum liebenswürdigen Menschen. Eine Art Dreiecksgeschichte bildet da den Hintergrund, Emilio - Antonios bester Freund - war es, den Rosario fürs Bett auserkoren hatte. Zum Reden aber kam sie aber stets zu Antonio. Aus der Sicht des Freundes erscheint sie als interessante, liebenswürdige Frau, um deren Leben man dann als Leser gespannt bangen wird.

Der Kunstgriff, den Jorge Franco anwendet, ist einfach, aber wirksam: Rosario bleibt seltsam unfassbar - immer sind die Leser auf die Perspektive des verliebten Antonio, der nie seine Liebe gestanden hat, angewiesen. Und was er von Rosario weiß, hat sie ihm erzählt. Und ob das alles wahr ist, bezweifelt er selbst.

Eines der meistgekauften Bücher der letzten Jahrzehnte in Kolumbien, für das der Autor in Spanien 2000 den Hammett-Krimipreis erhielt, hat der Unionsverlag nun auch für deutsche Leser zugänglich gemacht. Wen die Lektüre verstört, der sei daran erinnert, dass Medellín nicht nur Rekordzahlen im Drogenhandel aufweist, sondern auch einer der gewalttätigsten Orte der Welt ist: Im Jahr 2001 wurden insgesamt bis zu 37.000 Morde verübt. Brigitte Schwens-Harrant

Rosario Tijeras

Ein Roman von Jorge Franco

Unionsverlag, Zürich 2002

187 Seiten, geb., e 15,30

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