Österreich ist Peripherie

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Joseph Roth läßt den Grafen Chojnicki in der "Kapuzinergruft" sagen: "Des Wesen Österreichs ist nicht Zentrum, sondern Peripherie ?" Was auf die Kronländer gemünzt war, scheint auch noch heute zu stimmen. Wenn man sich die Debatten in den letzten Monaten vor Augen führt, kann man sich des Eindrucks schwer erwehren, dass es immer wieder nur um periphere Themen geht. Einige Beispiele: der Wiener Wahlkampf (wo neben dem obligaten "Ausländerthema" zum Schluss noch die Wehrpflicht zum Problem wurde), die Person und der Charakter Elmar Oberhausers bzw. die Rolle der klandestinen politischen Interessen im ORF, das "Sparbudget" hier vor allem die Benzinpreise und die Kürzung des Kindergeldes. Warum werden zentrale Themen wie die Sicherung Wiens als Wissenschafts-, Kultur- und Wirtschaftsstandort, die Produktion von Public Value im ORF und die Rolle des ORF als Leitmedium und die längst überfällige Bundesstaatsreform nicht ebenso breit diskutiert?

Dafür fehlt eben die Öffentlichkeit, kann man lapidar einwenden. Kein Wunder bei einem so geringen Anteil an Qualitätsmedien, kann man ebenso lapidar einwenden.

Auch in der Medienkultur zeigt sich das Wesen der Peripherie, denn wenn wo der Boulevard regiert, sind die Scheinprobleme zentral. Vielleicht spielt ja dabei auch die Hoffnung eine Rolle, dass viele Probleme sozusagen von selbst verschwinden, wenn man nur konsequent genug nicht hinschaut. Ich habe die Vermutung, dass das weder für die Bundesstaatsreform, die Verwaltungsreform, das Bildungssystem, das Gesundheitswesen, die Pensionssicherung noch für viele andere weniger prominente Bereiche stimmt. Die Zukunft des Gemeinwesens entscheidet sich nicht an der Peripherie, auch wenn Boulevard und Populismus uns dies weismachen wollen. Sie zu verlassen (auch wenn es weh tut) ist Auftrag nicht nur an Politik und Medien, sondern an uns alle.

* Der Autor ist Prof. f. Kommunikationswissenschaft in Klagenfurt

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