Originale und ihre besseren Fälschungen

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Wenn es darum geht, das Gefühl eines Stadtmenschen zu vermitteln, der sich vor der Kälte, die ihm entgegenschlägt, in seinen Mantelkragen verkriechen will, ist die Filmbiografie "Can You Ever Forgive Me?" in ihrem Metier. Besagten Mantel, der dafür nötig wäre, hätte Lee Israel (1939-2014) allerdings von der Party ihrer Buchagentin gestohlen. In ihrem Fall hätte es auch eher mit der Kälte der Mitmenschen zu tun ,mit ihrer finanziellen Misere und dem Unmut darüber, dass keine einzige volle Rolle Klopapier zu stibitzen war. Gelegenheit macht Diebe. Das gilt nicht nur für die Party-Garderobe, sondern auch für die Welt der New Yorker Antiquariate, wo Lee, eine Autorin ohne Leserschaft, ihren letzten wertvollen Besitz versilbern will.

Der Preis, den sie für einen signierten Brief bekommt, macht es ihr schmackhaft, sich aufs Fälschen von Worten anderer zu verlegen. Die Autografensammler wiederum zahlen umso besser, je mehr die Schriftstücke den Charakter etwa eines Noël Coward zu zeigen scheinen. "Lass dir sagen, dass ich eine bessere Dorothy Parker bin als die echte", meint trotzig die Frau, deren eigene Gedanken nur wenige hören wollen. Im schauspielerischen Zentrum des Teufelskreises an Verletztwerden und Verletzen, angereichert mit reichlich Scotch und Soda, steht Melissa McCarthy. Furios bricht sie mit dem Rollenschema der Übergrößen-Komödien, auf das sie seit Unzeiten festgelegt war, und hat darüber hinaus in Richard E. Grant als engstem schlimmsten Freund einen kongenial selbstzerstörerischen Partner; beide könnten sie diesen Sonntag dafür zu Recht einen Oscar bekommen. Leider nicht die Musik, obwohl sie das Tüpfelchen auf dem i dieses atmosphärischen Juwels ist, über den Stolz und die Fallhöhen von Menschen.

Can You Ever Forgive Me? USA 2018. Regie: Marielle Heller. Mit Melissa McCarthy, Richard E. Grant, Dolly Wells. ABC-Films. 106 Min

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