Paradies mit Präzision

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Peter Turrinis "Ich liebe dieses Land" brilliert im Klagenfurter Stadttheater.

Das erste Stück unter dem neuen Intendanten des Klagenfurter Stadttheaters, Dietmar Pflegerl, war 1992 "Der Tanz auf dem Vulkan". Auf den Tag genau zehn Jahre später liefert jetzt die Klagenfurter Fassung des Turrini-Stücks "Ich liebe dieses Land" als Koproduktion mit dem Berliner Ensemble eine maßgeschneiderte Premiere.

Nach der Berliner Uraufführung und der nicht gerade jubelnden Kritik im Dezember des vorigen Jahres bearbeitete Peter Turrini mit Regisseur Philip Tiedemann das Stück neu. Das Ergebnis ist eine äußerst positive Überraschung: ein gestraffter, packender und berührender Abend, in dem Sprachlosigkeit und Sprache, Witz und Poesie sich dem Thema und der (scheinbaren) Erfüllung der Lebensträume nähern.

Der Satz, den er für den Schlüssel zum Paradies gehalten hat, der einzige, den er auf Deutsch sagen kann, ist verhängnisvoll: "Ich liebe dieses Land", setzt Beni Jaja, Flüchtling aus Nigeria (ausdrucksstark: Ernest Hausmann) in vielen Variationen allem und jedem entgegen. Während er nur einen Satz zur Verfügung hat, sind "die Deutschen hinter ihren Sätzen verschwunden".

Im Bühnenbild von Stefan Mayer bilden schwarzweiße Schachbrettfliesen den Spielboden für Verbiegungen, Phrasen, Klischees und sprachliche Enthüllungen. Die Atmosphäre riecht nach Schikanen, Abschiebung und Verlorensein, nach verlogener Gesellschaft und ein paar Abgründen, immer mit Blick auf Ordnung, Sauberkeit und Gesetz. "Es geht nach Präzision, nicht nach Gefühl", sagt die Putzfrau aus Polen, Janina Wisniewska. Sie beherrscht die Sprache, sie hat sich ihr Paradies erobert, für sie riecht es nach Meister Proper, Zitrusfrische, Bohnenkaffee und Nivea in der blauen Dose. Wunderbar liebenswert und herzerfrischend hält Maria Happel den trickreichen (Über-)Lebenswillen der Putzfrau Janina hoch. Deutschland - ihre große Liebe. "Noch ist Polen nicht verloren", entschlüpft es ihr, ohne dass das Traumgebilde ins Wanken gerät: "Jetzt sind wir echte deutsche Familie. Niemand kann mehr sagen, weg, wird's bald, Tempo, Beeilung", nimmt sie das Paradies auch für Beni Jaja vorweg.

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