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Die beiden ersten Personalen im Grazer Kunsthaus sind eine programmatische Neudefinition.

Die Kunst, die es vermag, die architektonische Dominanz des Grazer Kunsthauses verträglich zu stimmen, ist gefunden. Es scheint, dass mit der Eröffnung der beiden ersten Personalen von Sol LeWitt und Vera Lutter das Unbehagen rund um die räumlichen Vorlieben des Kunsthauses geheilt ist. Nachdem die Erstausstellung "Einbildung" in den verschiedenen Ausstellungsebenen des Kunsthauses regelrecht verschluckt wurde, hat man sich mit dem Eintritt in die "Normalität des Ausstellungsbetriebes", wie es Joanneum-Intendant Peter Pakesch formuliert, erholt.

Mit Sol LeWitt konnte ein Ahnvater der Minimal-Art und Konzeptkunst gewonnen werden. Auch oder gerade weil sich Pakesch "etwas anderes erwartet hat", ist Sol LeWitts installierter Beitrag im Space 01 des Kunsthauses ein künstlerischer Eingriff, der unerwartete Spuren hinterlässt. Eine auf Papier geschwungene Linie flatterte 2003 per Fax ins Joanneum und bildete den Anfang für ein Spätwerk des heute 75-Jährigen. Es entstand eine aus mehr als 140 Tonnen Ytongsteinen errichtete "Wall", die sich gleich einer Chimäre unter die von rosigen Leuchtrüsseln geplagte Kunsthausdecke schiebt. Sie schwingt aus, schwingt ein, beginnt mit der dominanten Morphologie des Raumes zu denken, windet sich staubtrocken und sauber durch die obere Ausstellungsetage. Hat der Betrachter sich einmal in dieser intimen Verbindung zwischen Rauminstallation und autonomer Skulptur zurechtgefunden, kann er sich auf den Weg machen, diese auch zu umgehen. Ein angenehmes Gefühl, entlang der Tempelmauer des "Ideals" zu wandeln. Nach Ausstellungsende soll das 70 Meter lange Wandband im Außenbereich errichtet werden, wo, ist noch unklar.

Um die Ideale Zeit, Licht und Bewegung geht es im unteren Geschoß des Kunsthauses (Space 02!). Dort hängen die 25 übergroßen Negative der in Deutschland geborenen und in New York lebenden Foto-Künstlerin Vera Lutter. Die heute 44-Jährige arbeitet seit 1994 in experimenteller Weise mit der Technik der Camera obscura und steht so für eine exemplarische und einzigartige Auseinandersetzung mit dem Genre Fotografie. Durch eine winzige Öffnung in einer Wand fällt das Abbild ohne Linse auf eine mit Fotopapier beschlagene Rückwand. Die Belichtungszeiten schwanken zwischen drei Stunden und drei Monaten. Dabei lässt sich so etwas wie der Gefrierpunkt der Zeit sichtbar machen: Menschenleere Aufnahmen urbaner Räume, Serien von Werk- und Fabrikshallen und ineinander gespiegelte und verzweigte Innen- und Atelierräume überreden zu einem schwarz weißen "Inside In" (so der Ausstellungstitel). Wer die Technik der "dunklen Kammer" live erleben möchte, kann dies bis 21. März vor dem Hauptgebäude des Joanneums tun. Dort steht eine begehbare Kiste, die zum Experiment mit der eigenen Wahrnehmung einlädt.

Sol LeWitt WALL

Vera Lutter INSIDE IN

Bis 2. Mai, Di-So 10-18, Do 10-20 Uhr

Kunsthaus Graz, Lendkai 1, 8010 Graz

Kataloge mit Beiträgen von Marco De Michelis, Lynne Cooke, Stephan Schmidt-Wulffen u.a.

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