Reisende und daheim Gebliebene

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Mobilität und Sesshaftigkeit

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Mobilität und Sesshaftigkeit

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Warum sind Sara und Abraham aus Haran aufgebrochen (Gen 12,5)? Warum hat Maria den Haushalt in Magdala aufgegeben, und Paulus die Bequemlichkeit der Multikulti-Hafenstadt Tarsus?

Reisen und Wanderungen spielen in unseren heiligen Schriften eine große Rolle. Oft heißt es, GOTT habe die Leute aus ihren Gewohnheiten herausgerufen, in eine bestimmte Aufgabe hinein. Dass es unnütz ist, solchen Berufungen zu widerstehen, musste der Prophet Jona erfahren. Weil er in die falsche Richtung loszog, erlitt er Schiffbruch. Und dann gibt es da noch die Fluchten: das unfreiwillige Reisen, weil Gewalt (Lk 2,13-23), Unterdrückung (Ex) oder Hungersnot (Gen 42f) drohen.

Warum fahre ich nach Kinshasa, Sarajevo oder Wladiwostok, obwohl ich Reisefieber nicht mag? Abenteuerlust? Überdruss an sesshafter Gebundenheit? Bildungshunger? Gehört es einfach dazu, hin und wieder in die Ferne zu schweifen, um nachher etwas erzählen und damit den Lebenslauf schmücken zu können? Oder ist etwa göttliche Berufung im Spiel?

Wer zu Hause bleiben darf, will oder muss, bekommt es, wie schon in biblischen Zeiten, unweigerlich mit Leuten zu tun, die aus ganz unterschiedlichen Gründen unterwegs sind: Touristinnen, Geschäftsreisende, Karawanen, Asylwerberinnen und Global Players, Wanderer oder Arbeitssuchende mit "Migrationshintergrund“. Wattwil, mein Wohnort, liegt am Jakobsweg. Ich erkenne die Pilgerinnen schon von Weitem. Warum sind sie auf dem Weg?

Was bedeutet es für religiöse Gemeinschaften, dass sie sich fast immer aus Wandernden und Sesshaften zusammensetzen? Haben die einen den anderen etwas zu sagen? Wie lässt sich das Zusammenleben gedeihlich gestalten? Können wir von den Reisenden und Sesshaften der Heiligen Schriften lernen?

* Die Autorin ist Schriftstellerin u. evang. Theologin in der Schweiz

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