Reserve-Paradies anno 2154

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"Elysium": Der programmierte SciFi-Blockbuster dieses Sommers hat eine erwartbare Geschichte, aber durchaus Meriten. Und zeigt eine unnachahmliche Jodie Foster.

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"Elysium": Der programmierte SciFi-Blockbuster dieses Sommers hat eine erwartbare Geschichte, aber durchaus Meriten. Und zeigt eine unnachahmliche Jodie Foster.

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Natürlich denkt der Kinogeher bei "Elysium" an "Blade Runner". Oder er memoriert die digitalen und virtuellen Erlösungsfantasien von "Matrix" (zumindest dem ersten Teil der Trilogie). Oder es kommt ihm das Christopher-Nolan-Opus "Inception" aus 2010 in den Sinn, wo Leonardo DiCaprio als Protagonist Cobb sich in den Gedanken anderer Zeitgenossen herumtummeln konnte.

Nun darf ein anderer aus der Generation von DiCaprio die Publikumsphantasmen weiter beleben: Matt Damon gibt den armen Erdling Max, der sich von der devastierten und verseuchten Erde anno 2154 aufmacht, um einmal mehr das Menschengeschlecht zu retten. Denn die Menschheit ist in jener Zukunft in zwei ungleiche Teile zerfallen: Die Normalsterblichen vegetieren auf der Erde, der es gar nicht gut geht. Nur ein Bruchteil der Hominiden hat es ins Weltall geschafft, nach Elysium: Dort leben einige wenige wie Gott in Frankreich, haben weder Öko-Probleme noch Kriminalität, die die Erde mindestens so verwüstet, wie das verrottete Klima. Und vor allem gibt es hier eine Gesundheitsversorgung, von der die kranken Erdenkinder nur träumen können.

Erkauft wird dieser Paradieses-Ort zwischen Erde und Mond allerdings durch Abschottung der Sonderklasse: Rigorose Einwanderungsgesetze halten das Gros der Menschheit davon ab, dem Lebensstandard von Elysium auch nur nahe zu kommen. Und die Armee des Weltraumstaates ist zumindest bis dato imstande, die verarmten Massen auf der Erde in Schach zu halten.

Elysium ist nicht das Paradies

Doch entgegen dem mythologisch verorteten Namen ist Elysium bestenfalls ein Reserve-Paradies, denn Machtkampf und Intrige bedrohen die Staatsspitze, allen voran greift hier die Ministerin Delacourt nach der totalen Macht. Aber ganz mythologisch geschult entpuppt sich der Plot als eine in die Zukunft projizierte, altbekannte Vision: Die da oben werden fallen, und die da unten werden aufstehen. "Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen" - was die Christen im Magnifikat, dem Lied der jungen Maria im Lukasevangelium lesen, hat Kunstfertige des dramatischen Fachs durch die Jahrhunderte beflügelt. Wobei ja auch die christliche Version der später als "Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär" ursurpierten Story längst Vorbildern heidnischer bzw. vorchristlicher und vorjüdischer Mythologie geschuldet ist. Insofern wäre "Elysium" nichts Neues unter der Sonne und der Fortgang der Geschichte erwartbar.

Aber ist das nicht auch der Lauf der (Film-)Geschichte, ein ewiges Thema - wie Erlösung -einmal mehr durchzubuchstabieren? Regisseur Neil Blomkamp gelingt das jedenfalls spannend wie cybergerecht. Zusätzlich kommt die politische Botschaft zwar im SciFi-Gewand daher, aber der Gegensatz zwischen wenigen, die alles haben, und den Massen, die sich mit fast nichts bescheiden müssen, ist auch eine Beschreibung der aktuellen Weltlage. Ob sich das mit einem Messias wie jenem von Matt Damon dargestellten bewerkstelligen lässt, ist eine Frage; aber messianische Hoffnung treibt die Menschheit gleichfalls seit ungezählten Mythen um.

Dass "Elysium" dabei - neben technischer Perfektion -auch schauspielerisch einiges bietet, soll auch erwähnt bleiben. Wobei da gar nicht Matt Damon selber den Vogel abschießt, sondern die Böse in dieser Aufstellung, Ministerin Delacort, die von Jodie Foster unnachahmlich dargestellt wird. Auch das ist nicht neu - man denke nur an Lotte Lenya, die als böse Klebb sogar 007 Sean Connery an die Wand spielte. Das war in "Liebesgrüße aus Moskau". Und ist schon genau 50 Jahre her.

Elysium

USA 2013. Regie: Neil Blomkamp.

Mit Matt Damon, Jodie Foster, Alice Braga, Sharlto Copley. Sony. 109 Min.

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