Saga vom Urkometen
Statt der großen Ur-Lehrmeister die große Ur-Katastrophe. Dänikens Spuren.
Statt der großen Ur-Lehrmeister die große Ur-Katastrophe. Dänikens Spuren.
Unklar ist bis heute, wie es etwa die Architekten von Stonehenge geschafft haben, ihre tonnenschweren Riesensteine über große Strecken zu transportieren. Nicht nur der berühmte Phantast Erich von Däniken, dessen Bücher manch jugendliches Gemüt begeisterten, schienen sie doch Erklärungen für alle ungelösten Rätsel der Vorzeit zu liefern, wußte darauf Antwort. Er behauptete, hochentwickelte Besucher aus dem Weltall hätten einst die Menschheit Pyramidenbau, Mathematik und Astronomie gelehrt. Auch die Germanistin und Musikwissenschafterin Lucia Haselböck legt in einem Buch eine Hypothese für bisher unerklärte Leistungen vor. So habe in der Urgeschichte eine "Ursintflut", ausgelöst durch einen gigantischen Asteroideneinschlag, eine damals bereits existierende Hochkultur ausgelöscht. Einige, meint sie, hätten überlebt und die Menschen das Wissen der vernichteten Kultur gelehrt.
"Beweise" für diese Hypothese: Die Ähnlichkeit weltweit verbreiteter Sintfluterzählungen - vom alttestamentarischen Noah bis zu Utnapischtim, dem Helden des Gilgamesch-Epos; der platonische Mythos vom sagenumwobenen Atlantis, wo ein Zentrum dieser vorgeschichtlichen Hochkultur gewesen sein soll; vor allem aber die boomende Angst vor einem möglichen Weltuntergang anläßlich der glücklich überstandenen Jahrtausendwende.
Die psychosozialen Ursachen dieser Ängste zu erklären, ist das Hauptanliegen der Studie. Der Psychiater Stefan Rudas, den Haselböck öfter zitiert, diagnostiziert in Europa eine "Lust am Untergang". Es herrsche keine Endzeiterwartung, sondern eher eine weitgehende Akzeptanz, die man lustvoll genieße.
Haselböck will tiefer sehen. Sie greift auf die Archetypenlehre des Psychologen C. G. Jung zurück. So habe die Ursintflut im kollektiven Unbewußten der gesamten Menschheit ein Trauma hinterlassen, das bis heute seinen Niederschlag in besagten Ängsten finde: Weil die Menschen sich unbewußt an diese Urkatastrophe erinnern, fürchten sie sich davor, daß ihnen so etwas noch einmal passieren könnte. Um diese Angst zu bewältigen, sehen sie sich im Kino aufwendig produzierte Weltuntergangsfilme wie "Armaggedon" an oder kaufen sich Bücher von Nostradamus.
Mit einem kargen Literaturverzeichnis und ihrer gewagten, etwas zu kurzschlüssigen Annahme kollektiver Seelenverfaßtheit steht ihre These auf wackeligen Beinen. Haselböck liefert mit ihrem Büchlein also Lektüre für ein paar amüsante Stunden an einem verregneten Tag. Irritierend ist sowohl die Nähe zu Dänikens phantastischen Erklärungsmustern als auch die Orientierung an Fritjof Capra, einem Denker des New Age. Beides tut der Seriosität des Büchleins nicht gut.
Vom Ende der Zeiten. Prognosen und Untergangsmythen zur Jahrtausendwende.
Eine Rechereche. Von Lucia Haselböck.
Edition Va bene, Klosterneuburg 1999182 Seiten, geb., öS 299,-/e 21,73