Schön häßliche Heimat

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In vier komprimierten, untereinander lose verbundenen Stationen zwischen 1889 und 1998 stimmt der Schweizer Bühnenrevoluzzer Thomas Hürlimann in den Innsbrucker Kammerspielen ein schwarzhumoriges "Lied der Heimat" an, das nicht historische Ereignisse, sondern kleine, signifikante Geschichten des Alltags zum Inhalt hat; hintergründige Ereignisse, die den Geist des Menschen verändern können.

Da komponiert eine ausgehungerte Polin (Claudia Stanislau) in einem Lager des Zweiten Weltkrieges ein Heimatlied, geboren aus einem "Teller Abgrund guter Suppe", die der Feldwebel (Christian Ludwig) neben ihr genußvoll schlürft. Das Lied wird Jahre danach noch in den geisterhaften Satellitenstädten gesungen - dort, wo Menschen ihre Identität längst eingebüßt haben und in "jeder Wohneinheit eine Einsamkeit" haust. Der ehemalige Feldwebel, jetzt alt und krank, hat sich am Lied der Polin ein Leben lang gemästet.

Die Surrealität der "Exportfassung" des im April in Zürich uraufführten Stückes wirkt hie und da etwas unmotiviert, transportiert aber eine zum Schreien traurige Definition des Heimatbegriffes. Peter Carp ist um untergründig wirksame Regieeinfälle nicht verlegen. Hürlimann schlankt Botschaft und Sprache zu einer durchlässigen Hagerkeit ab, die nicht spottet, nicht karikiert, sondern den Menschen gegenüber Respekt bewahrt. Die großartig auf den Kern des Stückes eingehenden Schauspieler intonieren ein Heimatlied, dessen innere Wahrheit vom Publikum durch begeisterten Applaus bestätigt wird.

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