Sturm auf den "Ungetauften“

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Traditionell zeigen es grüne Kartonschilder an den Wirtshaustüren an: Es "stürmt“ wieder in Österreichs Gläsern. Die Frische des gerade in Gärung befindlichen Traubenmostes, gepaart mit der Süße des weitgehend unvergorenen Traubenzuckers macht den Sturm zum beliebten Herbstgetränk. Dass es ihn nur kurz - gesetzlich bis 31. Dezember, meist allerdings bis Martini, wenn der "fertige“ Wein getauft wird - gibt, erhöht die Attraktivität.

Sorgt die Natur zusätzlich für eine Verknappung des Produktes, treibt das allerdings auch seltsame Blüten: In Jahren mit geringer Lesemenge wie 2010 setzen sich dann die LKW mit Most aus Norditalien in Marsch. Unter findigen Bezeichnungen ("Sturm“ bleibt Getränken aus heimischen Trauben vorbehalten) versucht man mitzunaschen am Boom. Damit fehlt aber eine wesentliche Voraussetzung des nur wenige Tage haltbaren roten oder weißen Sturms: die Frische. Wird dann noch Schwefel für die bessere Transportfähigkeit zugesetzt, ist der Kopfschmerz programmiert. Heuer dürfen die Italiener aber lediglich die Maroni zum Sturm liefern, die Erntemenge ermöglicht heuer alle Spielarten, vom Müller-Thurgau und Bouvier bis zum Schilchersturm.

Wenn schon importieren, dann kann man sich die Essensempfehlung beim Nachbarn abschauen. Der Deutsche isst gerne Zwiebelkuchen zum "Federweißen“ oder "Sauser“ genannten Getränk - eine würzige Alternative zu den heimischen Begleitern Verhackertes oder Breinwurst. Deftig jedenfalls darf es sein - ein weiterer Grund, den Sturm bei der Buschenschank seines Vertrauens vor Ort zu konsumieren.

Doch Vorsicht, Brauchtumsverstöße werden da meist mit einer "Runde“ geahndet. Sturm wird nur mit links getrunken, man prostet einander nicht zu, sondern wünscht schlicht "Mahlzeit“, ohne mit dem Glas anzustoßen. Denn der "ungetaufte“ Wein ist schließlich noch kein Getränk. Über dessen Qualität 2011 lesen Sie demnächst mehr im "Vinarium“.

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