Totgesagt – aber noch am Leben

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Viele Internetnutzer veröffentlichen großzügig Fotos in sozialen Netzwerken, wie facebook, studiVZ, twitter etc. Die Fotos sind oft für alle verfügbar und im Bedarfsfall bedient sich auch der Boulevard ohne zu fragen gerne in diesem „Bildarchiv“.

Makaber ist dieser – unrechtmäßige – Zugriff, wenn es um Fotos von Verstorbenen geht, die sich nicht mehr dagegen wehren können. Wirklich schlimme Auswirkungen haben diese Rechtsverletzungen aber dann, wenn es auch noch die Falschen trifft.

So wurde z. B. im Boulevard ein reißerischer Bericht über einen Mann, der es darauf „angelegt“ hatte, von der Polizei erschossen zu werden („suicide by cop“), mit einem falschen facebook-Foto illustriert. Der Abgebildete trägt nur den gleichen Namen wie der tatsächlich Erschossene. Für den Betroffenen war die Verwechslung gar nicht lustig. Falsche diffamierende und intime Dinge rund um den eigenen Tod lesen zu müssen und zu wissen, dass viele Menschen nun glauben mussten, er sei tatsächlich unter sehr tragischen Umständen ums Leben gekommen, belastete ihn sehr.

Das OLG Wien hat kürzlich medienrechtliche Entschädigungsansprüche des Betroffenen bestätigt. Da er durch das Foto identifizierbar war und im Gegensatz zur eigentlich gemeinten Person nicht Polizisten mit einer Gaspistole bedroht hatte, konnte er üble Nachrede nach § 6 MedienG geltend machen.

Die Medien, die sehr rasch auf die Verwechslung aufmerksam gemacht worden waren, hatten übrigens nicht den geringsten Versuch einer Richtigstellung unternommen. Laut OLG Wien bedeutet die Verwendung eines in einem sozialen Netzwerk veröffentlichten Fotos ohne Rücksprache und Kontrolle durch den Medieninhaber einen besonders gravierenden Verstoß gegen die journalistische Sorgfalt, dem eine entsprechend höhere Entschädigung folgen sollte.

* Die Autorin ist Medienanwältin und vertritt u. a. den „Standard“

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