Trauer und Leichtigkeit

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"Ich habe das Maximum des Guten hier", schreibt Jakob Bohun 1996 in einem Brief. Gemeinsam mit seiner Frau und den zwei Töchtern lebt er in Porto, in einem Spital arbeitet er als Anästhesist. Doch er hat Heimweh, Sehnsucht nach den Tiroler Bergen und vor allem nach seinen vier Brüdern, neben denen es oft keine Freunde brauchte. Um in der Nacht die dunklen Gedanken zu verscheuchen, nimmt er starke Schlafmittel. Im Jänner 2014 nimmt sich Jakob Bohun schließlich in einem Hotelzimmer in Porto das Leben. Auf der Suche nach Antworten nach dem Warum beschließen seine vier Brüder, ihre Beziehung zu Jakob filmisch aufzuarbeiten. Sie sparen jene Personen aus, die nicht mitmachen wollen, zeigen mit Supertramp untermalte Bilder und Videos der Kindheit und sprechen mit einer Arzt-Kollegin in Portugal. "Bruder Jakob, schläfst du noch?" heißt diese Dokumentation ihrer Erinnerungen und ihrer Trauer -und doch ist es kein trauriger Film. In manchen Szenen zeigen die Brüder ihre künstlerisch-verspielte Seite, sie werfen sich nackt in einen eiskalten Gebirgsbach oder betreiben in einem Operationssaal Body-Percussion. In den Momenten, in denen sie über ihre emotionale Nähe und Ferne zu Jakob reden, wird eine Offenheit spürbar, die man im Kino selten zwischen Männern sieht. Nur einmal wandelt sich die Perspektive und diffuse Bilder einer Hotel-Überwachungskamera zeigen Jakob, wie er ein letztes Mal eincheckt. Die Szene steht nicht am Anfang oder Schluss, sondern gut eingebettet in der Mitte. Ein sensibler Film über Verlust und Brüderlichkeit. (dh)

Bruder Jakob, schläfst du noch? A 2018. Regie: Stefan Bohun. Mit Matthias, Jakob, Johannes, Stefan, David Bohun. Filmdelights. 80 Min.

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