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Mit einer Neuinszenierung von Wagners "Meistersingern" eröffnete das Tiroler Landestheater die Opernsaison.

Keine Butzenscheiben und Nürnberger Touristik-Silhouette, und doch ein streng abgezirkelter, bürgerlicher Ort, an dem die Geometrie der Ordnung das Denken bestimmt. Bettina Munzers Ausstattung erzählt die Geschichte im Verein mit Regisseur Andreas Baumann ohne Charme, aber klar und mätzchenfrei. Die grauen Männer aus der Handwerkerzunft, Hüter von Recht und Ordnung auch in der Kunst, lassen sich von Walther von Stolzing irritieren, einem jungen Wilden in Lederjacke und später, wenn die Festwiese den alpinen Walkjanker verlangt, in befremdendem weißen Anzug. Da bricht mit heller Farbe und arroganter Halbstarkenmanier das Unangepasste, Geniale in die Verkleidungsriten und Zeremonien der ständischen Männergesellschaft und verbündet sich mit Hans Sachs, dem Schuster und bekannten Dichter, zur Fortschrittspartei.

Sachs ist mit Albert Pesendorfer als sehnsuchtsvollem, träumerischen Mann von einfachem Handwerkerhabitus gegen den Strich gebürstet. In seiner Kammer, einer mit Bildern des Universums tapezierten Studierstube, darf er die Aufführungskonvention des weisen Verzichts verraten und Gefühle zeigen: Heftig tobt der Eifersuchtskampf der unbemeisterten Liebe zu Eva. Dass Pesendorfers gedeckte Stimme auf der Festwiese an Kraft verliert, nimmt dieser Szene, die auf engem Raum als bierseliges Dorffest inszeniert ist, ein wenig von der historisch-politischen Belastung. Beckmesser, weder intellektuell noch listig, nur ausgegrenzt, kümmerlich und liebebedürftig, geht im Menschengewühl unter. Und auch das Liebespaar bleibt auf Distanz.

Dietfried Bernet hält die musikalisch dominierte Aufführung in starken Händen, energisch und genau wachend, gestaltend, koordinierend. Im Tiroler Symphonieorchester Innsbruck hat er ein einsatzfreudiges Instrument zur Hand, flexibel genug, um lustvoll zuzupacken und sich zurückzunehmen, wenn die Sänger am Wort sind. Unter ihnen dominieren Burkhard Fritz als Stolzing mit belcantistischen Wonnen, der strahlende Sopran der Eva von Christina Libor, Michael Dries' Pogner und Joachim Seipps Beckmesser.

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