Verraten und verkauft

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Felix Mitterers "Gaismair" bei den Volksschauspielen in Telfs.

In Telfs dürfte man sich vom Ruhm Christian Stückls, der bei den Oberammergauer Passionsspielen eine innovative Jesusfigur kreierte, viel erwarten. Und tatsächlich hat der junge Regisseur das Historienstück "Gaismair" von Felix Mitterer - die achte Uraufführung des prominenten Tiroler Dramatikers bei den Telfer Volksschauspielen - zu einem Riesen-Theater-Event gestaltet. Obwohl die großräumige Neue Feuerwehrhalle, Spielort der Handlung, gewiss kein Festspielbau ist und offensichtliche akustische Mängel aufweist, brandete am Abend der Premiere auf den schaurigen Bühnenuntiefen (Marlene Poley) actiongeladenes Volksspektakel mit Mann und Ross und Wagen auf, wie es Telfs in dieser Monumentalität und solchem Großaufmarsch an Mitwirkenden noch nie erlebt hat.

Das Stück führt zurück in die Mitte des 16. Jahrhunderts, in eine Zeit, in der eine alles beherrschende Feudalgesellschaft den "Pofel" ohne geringste Skrupel kräftig ausbeutete. Der den Fleischeslüsten herzlich zugeneigte Fürstbischof von Brixen - Oswald Fuchs, ein Tyrann von genießerischer Opulenz - lässt die Bauern reihenweise verhöhnen, verstümmeln, köpfen und schröpfen. Der jugendliche Landesfürst, von Florian Eisler mit viel unreifer Nonchalence trefflich charakterisiert, folgt - angeheizt von den "furzwarmen Winden Tirols" - nur zu willig seinem diplomatischen Berater (Anton Burkhart, ausgezeichnet!), der im Namen des Herrschers die Bauern durch überhöhte Abgaben immer weiter ins Elend treibt, während der Geldmagnat Jakob Fugger (die großartige Julia Gschnitzer) totale Macht in übervollen Schatztruhen hortet.

Da bricht unter den Bauern unbändige Wut auf, ihr Freiheitsdrang wird übermächtig, sie rüsten sich zum Kampf. Ihr Anführer ist der lange Zeit zu Unrecht vergessene und missverstandene, gebildete und kluge Sekretär des Bischofs, Michael Gaismair, der "schon zu viel blutiges Papier für ihn unterschrieben hat".

Bewundernswert wie überzeugend Guntram Brattia als Gaismair mit seiner "gachen" Gaismairin (Sophie Wendt) und den Kumpanen (Gregor Bloéb, Peter Mitterrutzner, Alexander M. Virgolini, Günther Götsch) die Wandlung vom ruhig-besonnenen Bürokraten und Freund der stillen Töne (die in der Halle leider vielfach verloren gehen) zum leidenschaftlichen Freiheitskämpfer vollzieht! Doch muss Gaismairs "Landesordnung" für eine "Bauernrepublik", müssen er und seine polit-utopischen Ideale letztlich an den alten, festgefahrenen Gesetzen zugrunde gehen.

In zahlreichen Bildsequenzen läuft das tragische Schicksal des Tiroler Feiheitshelden - mit etlichen Gageinlagen für willige Lacher - effektvoll über die Telfer Breitwandbühne.

Ein Mitterer, der durch und durch geht, aber mit etwas weniger Spektakel mehr an Botschaft herübergebracht hätte.

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