Schon die Vorlage ist nicht eben arm an den gesunden Menschenverstand herausfordernden Zufällen. Im Zentrum von Shakespeares "Komödie der Irrungen" steht das eineiige Zwillingsbruderpaar Antipholus von Ephesos und Antipholus von Syrakus. Deren Eltern haben ihnen einst eineiige Zwillinge mit Namen Dromio als Diener gekauft. Durch ein Schiffsunglück wurden die Wege der beiden Zwillingspaare jäh getrennt und auf wundersame Weise führt sie das Schicksal nun nach Jahren in Ephesos wieder zusammen. Des Glückes damit nicht genug: Das Ende gipfelt in der Zusammenführung nicht nur der Geschwisterpaare, sondern auch noch der Eltern, Ehegatten und Liebenden.
Dieses Plots nimmt sich der Meister des höheren Bühnenunfugs Herbert Fritsch mittels einer Art Überbietungsstrategie an. Er lässt nämlich die beiden Zwillingspaare jeweils durch ein und denselben Schauspieler spielen, was zwar einige Kabinettstücke für die glänzenden Darsteller bereithält, aber vor allem zur Verwirrung des Zuschauers beiträgt.
Die Komik bleibt auf der Strecke
Die Nuancen bei Sebastian Blombergs Antipholus sind so fein, dass es mitunter schwer fällt zu erkennen, ob er nun gerade der aus Ephesos ist oder nicht doch dessen Bruder spielt. Auch bei Simon Jensens Differenzierung des Dromio, er spielt den einen mit Xden anderen mit O-Beinen, braucht es seine Zeit, bis man das begriffen hat. Ein Possenspiel äußerlicher Verwechslungen und Missverständnissen: Die Diener führen die Aufträge immer für den falschen Herrn aus und beziehen dafür tüchtig Prügel. Einer, der sich in einer Stadt fremd dünkt, ist auf einmal jedermann bekannt, während sein Zwillingsbruder hinter der ihm immer fremder werdenden Heimat eine Verschwörung vermutet. Dabei bleibt vor allem die Komik auf der Strecke. Aber wenn nicht auf Komik, worauf zielt Fritschs burleske Inszenierung dann ab? Dass der Situationskomödie eine gleichsam tiefere Bedeutung eigen ist, dass es bei dem Motiv der Verwechslung letztendlich auch um Identitätsverlust eines sich selbst unsicher gewordenes Ichs geht, um die Entfremdung des Menschen von seinen Mitmenschen oder um das fast existenzielle Verkennen von Sein und Schein, interessiert Fritsch nicht.
So bleibt am Ende dem Zuschauer bloß ein Gefühl der Verausgabung, die die Anstrengung, der Fabel zu folgen, bedeutet hat, oder, mit Shakspeares berühmten Worten aus dem Stück gesagt, fühlt er sich wie ein "Tropfen Wasser, der einen anderen Tropfen sucht im Meere."
Komödie der Irrungen Burgtheater, 4., 15., 22., 26. Feb.