Von Résistance und Folter

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Relativ spät, erst 1963, begann Jorge Semprun mit dem Roman "Die Reise“ über seine Erfahrungen im Konzentrationslager Buchenwald zu schreiben, mittels Fiktion. In einer Reflexion mit dem Titel "Überlebensübungen“, an der er bis zuletzt (er starb am 7. Juni 2011) arbeitete, versuchte Semprun sein Leben dem Thema entsprechend zu rekonstruieren. Es sollte ein Buch in Fortsetzungen werden, der erste Teil wurde fast fertig. Er "handelt von der Erfahrung der Résistance und meiner Jugend.“

Weltvertrauen nicht verloren

Am 10. Dezember vor 90 Jahren geboren, lebte Semprun - zunächst als Widerstandskämpfer, später als Funktionär der spanischen kommunistischen Partei - zwischen seinem 20. und 40. Lebensjahr "außerhalb des Gesetzes“, "zumindest an dessen Rand, mit falschen Papieren“ und ständig in der Gefahr, verhaftet zu werden. Semprun deutet in seinen "Überlebensübungen“, die nun postum als Buch vorliegen, ein Thema an, über das er bisher sehr wenig gesprochen hat: "hier aber behandele ich es vor dem Hintergrund des eigenen Erlebens wie der Reflexion: Es handelt sich um die Folter.“ Zunächst ist sie ein abstraktes Wort. "Der Körper kann nicht die antizipierte, die a priori-Erfahrung der Folter haben. … die Folter ist unvorhersehbar, unvorhersagbar in ihren Auswirkungen, ihren Verheerungen, ihren Folgen für die körperliche Identität.“

Jean Amerys "Jenseits von Schuld und Sühne“ gehört nach Semprun "zum Fundus der wichtigsten Lektüren über das Universum der Konzentrationslager“ und er fand darin seine eigene Erfahrung beschrieben: "Wer nämlich in der Folter vom Schmerz überwältigt wird, erfährt seinen Körper wie nie zuvor“, schrieb Amery, der 1978 freiwillig aus dem Leben geschieden ist. Er hatte durch die Folter sein Weltvertrauen für immer verloren. Nicht so Semprun. Diese Erfahrung, in der Welt nicht mehr heimisch zu werden, teilte er nicht. Es sei der Henker, der in der Welt nie wieder heimisch werden wird.

Überlebensübungen

Von Jorge Semprun. Aus dem Franz. von Eva Moldenhauer. Suhrkamp 2013. 111 S., geb., € 15,50

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