Wegbereiter statt Brückenbauer

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In diesen Wochen ist viel vom Pontifikat und seinem Vertreter, dem Pontifex Maximus, die Rede. Der Tod des Papstes, die Vielzahl von Nachrufen und Reflexionen über Amt und Person, die Ansprüche und Erwartungen an den Nachfolger gaben das Thema fast zwingend vor. Das Kirchenoberhaupt als "Brückenbauer" meint ebenso den spirituellen Vermittler zwischen feindlichen Lagern wie den umsichtigen Architekten neuer Verbindungswege. Eine Metapher mit Sitz im Leben, ein Sprachbild, das sich spontan mitteilt und fest einprägt!

Wie so oft hat die Kirchensprache auch hier im Altlatein verbale Amtshilfe gefunden. Ein Pontifex war Angehöriger des wichtigsten Priesterkollegs im antiken Rom. Sein Vorsitzender, der Pontifex Maximus, durfte als Leiter der staatlichen Religion und ihrer Kulte gelten.

Die nahe liegende Deutung des Wortes (pons, facere) wird vom römischen Grammatiker Varro sachlich gerechtfertigt. Er führt den Ursprung auf pons sublicius, die hölzerne Pfahlbrücke über den Tiber, zurück, die von Priestern für Opfer an beiden Ufern errichtet und erneuert worden war. Eine Erklärung nach alter Gelehrtenart, beinahe zu glatt, um wahr zu sein.

Und in der Tat: Blickt man über das Lateinische hinaus, so ist nicht "Brücke", sondern "Weg" die Grundbedeutung von pons. Deutsch Pfad und englisch path belegen das ebenso wie russisch put (Sputnik als der "Mitreisende"!). Griechisch póntos aber benennt das Meer als Wasserstraße zwischen Inseln, als die Strecke vom Standort zum Reiseziel.

Sachlich richtigere Einsichten dürften freilich die Semantik des Pontifikats kaum berühren. Denn Volksetymologien sind meist tief im Bewusstsein verankert. Außerdem: Wer sich einem "Brückenbauer" anvertraut, wird auch dem "Pfadfinder" oder "Wegbereiter" Gefolgschaft leisten.

Der Autor ist Professor für Sprachwissenschaft in Salzburg.

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