Wende durch Groer & Knoll

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Wie Christen in Österreich in jüngster Zeit mit- und übereinander sprechen, ist besorgniserregend. Lieblosigkeit und Nichtverstehenwollen kennzeichnen dieses Reden, und bisweilen ist regelrechter Haß dabei. In diese bestürzende Unkultur haben, so paradox dies auf den ersten Blick anmuten mag, zwei Ereignisse eine Wende gebracht: das offene Wort des Ständigen Rats der katholischen Bischofskonferenz und die Präsidentschaftskandidatur der evangelischen Superintendentin Gertraud Knoll.

Das offene Wort der Bischöfe Weber, Schönborn, Eder und Kapellari kann nicht genug bedankt werden. Es war keine vorschnelle Verurteilung des hartnäckigen Schweigers im Kardinalspurpur; immerhin haben seine früheren Amtskollegen dieses durch nichts zu rechtfertigende Schweigen drei Jahre lang hingenommen, bis die Pflicht zum Reden unwiderstehlich geworden war. Wie schwer sie einem Mann wie Erzbischof Eder geworden sein mag, kann man ahnen. Den Sieg der Redlichkeit hat sich keiner der vier und keiner ihrer Sekundanten leicht gemacht.

Der geistliche Schwertstreich durch den gordischen Knoten bedeutet ein für allemal: Auch höchste kirchliche Amtsträger sind der Öffentlichkeit gegenüber rechenschaftspflichtig! Und außerdem: Einem einzelnen Bischof wird es künftig nicht mehr erlaubt sein, alle Amtsbrüder in Geiselhaft zu nehmen.

Und was hat die Knoll-Kandidatur damit zu tun? Direkt gar nichts, aber indirekt viel: Die ungeahnt starke Zustimmung hat, wie Bischof Weber und Fritz Csoklich in der Fernsehrunde "Zur Sache" festhielten, eine österreichweite Positivdiskussion darüber ausgelöst, wie die Menschen sich Christsein im öffentlichen Leben vorstellen.

Gegen die Kandidatur Knolls sind viele Einwände möglich. Aber daß der in mancher Weise sehr naive Humanitätsappell, der von dieser Frau ausgeht, so viele in Begeisterung versetzt, zeigt, wie sehr Menschlichkeit in der Politik heute schon vermißt, von Repräsentanten der Kirchen noch am stärksten erwartet und bei jenen, die ihr Amt zum Zweck persönlicher Machtausübung mißbrauchen (und das war Groers schwerstes Vergehen!) verurteilt wird.

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