Wenn das Licht ausgeht

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Stromausfälle in New York taugen für Anekdoten, wie jener vom 9. Februar 1965, der die Geburtenrate neun Monate später hochschießen ließ. Kleine individuelle Unannehmlichkeiten durch einen Netzzusammenbruch unterschlagen manche Chronisten jedoch. So beziehen viele Hochhäuser ihr Wasser über elektrische Pumpen. Fällt der Strom aus, funktioniert nicht einmal mehr die Toilette.

Doch weder die Elektrizitäts- noch die Wasserlosigkeit bleiben als bedrückendstes Erlebnis in Erinnerung - von den Tagen nach dem 29. Oktober 2012 im 14. Stock eines Hotels an der Wall Street. Am schlimmsten wirkte die Unmöglichkeit technisch gestützter Kommunikation - vielleicht gerade wegen der Rufnähe zur immer noch wichtigsten Börse der Welt.

Kein Festnetz und kein Mobilfunk, Internet weder aus der Dose noch kabellos: Da versagten selbst Skype, Viber und andere Tools zur Vermeidung von Roaming-Kosten. Nicht einmal der mühsam an einer öffentlichen Steckdose in einem Bankomat-Vorraum aufgeladene Akku war hilfreich - sobald es aus der geschäftigen Midtown wieder nach Lower Manhattan ging.

Dies soll keine arrogante Wehleidigkeit eines verwöhnten Europäers gegenüber all dem wahren Schrecken sein, den der Hurrikan Sandy angerichtet hat. Aber erst das unfreiwillige Erleben eines solchen Kommunikationsausfalls offenbart dem Einzelnen das Ausmaß seiner Abhängigkeit und die umfassende Hilflosigkeit ohne Strom. "Unsere Firma erreicht uns nicht, und wir erreichen unsere Firma nicht“, lautete die lapidare Auskunft des Portiers einer großen Hotelkette, während die Angestellten des Elektrizitätsunternehmens auf die Frage nach Strom bloß mit den Achseln zucken.

Aber vielleicht sind wir uns ja wenigstens menschlich näher gekommen - ohne die permanente technisch gestützte Kommunikation. New Yorks Geburtenstatistiker harren schon auf Ende Juli 2013.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst

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