Wenn der Sport die Stadt erobert

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Zwei Wochen in Vilnius: Das Österreich-Bild war vom Amstettener Bunker dominiert. Aber dann kam doch eine größere Sensation: Österreichs Rugby-Nationalmannschaft konnte ihre 0:48-Niederlage nicht verwinden und ließ mitten in der künftigen Kulturhauptstadt Europas die Hosen hinunter.

Vor dem Abflug noch die Matine in der Staatsoper zur Überreichung der Gustav Mahler-Büste, die seine Tochter Anna geschaffen hat. Eine hochgradig unwürdige Veranstaltung, bei der man die Reden nicht verstehen und die Musik nur schlecht hören konnte, denn draußen fand, mit gellendem Lärm inszeniert, der City-Marathon statt.

Während meiner Abwesenheit die Siegfried-Premiere. In der Pause die Rapid-Horden vor der Staatsoper. Da sie im Unterschied zu den Marathon-Veranstaltern keine Mikrophone hatten, konnten die Opernbesucher je nach Temperament lachen über die besoffene Meute oder pikiert wegsehen.

Und demnächst die Fußball-EM. In ihrem Vorfeld übertreffen sich Intellektuelle wie Veranstalter, um Fußball als Kulturphänomen zu interpretieren. Masochismus der Kulturmenschen? Oder Angst, in der öffentlichen Wahrnehmung noch mehr an den Rand gespült zu werden?

Nein, nicht alle Sportler oder deren Fans stehen auf dem Niveau der österreichischen Rugby-Nationalmannschaft oder der Rapid-Anhänger. Und Sport ist eine wichtige Sache in der Gesellschaft der Schreibtisch-Menschen. Aber seine öffentliche Inszenierung und seine Massenveranstaltungen müsste jeder zum Kotzen finden, der einen Rest von Urteilsfähigkeit im Kopf hat.

Ich freue mich über den Frühling und das Radfahren. Und muss anfangen, wieder meine Runden im Park zu laufen; Verspannungen im Rücken sind auch fürs Denken nicht gut. Aber bei der Fußball-EM würde ich abhauen, wenn ich nur könnte.

cornelius.hell@furche.at

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