Wie die Kirche mit ihrem Erbe umgeht

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Kürzlich war ich wieder einmal im Wiener Dommuseum. Dort ist eine schöne kleine Ausstellung zu sehen: „Maria lactans – Die Stillende in der Kunst“ (s. FURCHE Nr. 52/53, S. 20; Anm.). Da beim Stillen unweigerlich auch ein Busen gezeigt wird, hat man die Ausstellung bereits einmal verschoben. Nun aber ist sie zu sehen. Sie zeigt, wie gut es die Kirche früher verstanden hat, auch sehr intime Bereiche des menschlichen Lebens aus dem Glauben zu gestalten. Mit dieser Kultur prägenden Kraft ist es heute vorbei.

Das kulturelle Engagement der Erzdiözese Wien ist auf einem beschämend niedrigen Niveau. Davon kann sich jeder Besucher des Dommuseums überzeugen. Dort gibt es Kostbarkeiten aus sieben Jahrhunderten, alte und moderne Kunst auf hohem Niveau. Doch all das ist, zusammen mit den wenigen Arbeitsräumen, in eine ehemalige Prälatenwohnung gepfercht. Schlechte Belüftung, schlechte Beleuchtung, ein schäbiger Teppichboden, eine bedrückende Atmosphäre der Räume. Wer so mit seinen Schätzen umgeht, kann nicht viel von ihnen halten. Schlimmer noch: Er macht deutlich, dass er der Kultur prägenden Kraft des eigenen Erbes nicht mehr traut.

Dass auch anderes möglich ist, zeigt hervorragend die Erzdiözese Köln mit ihrem Kolumba-Museum. In Wien wurde ein Plan zur Neugestaltung des Dommuseums erst vor wenigen Wochen fallen gelassen. Doch auch dem Staat müsste die angemessene Präsentation des kulturellen Erbes der Kirche ein Anliegen sein. Mit großem Aufwand wurde die Aula der Alten Universität, zwischen Wollzeile und Bäckerstraße, für eine nie verwirklichte Galerie der Forschung saniert. Seit Jahren stehen die Räume leer. Könnte sie nicht der Staat zur Verfügung stellen? Mit dem Auftrag, dort einen Dialog des kulturellen Erbes der Kirche mit jenem des Islam zu pflegen.

* Der Autor ist Kunsthistoriker und Rektor der Jesuitenkirche in Wien

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