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Dem Vernehmen nach, wie es so schön heißt, droht dem Bachmann-Wettbewerb nicht von Unkenrufen notorisch gelangweilter deutscher Sonntagsfeuilletonisten Gefahr, sondern von der Generaldirektion des veranstaltenden orf. Nun stellt die tv-Übertragung von täglich sieben Stunden Literatur pur in Zeiten der Eventkultur und Berichthäppchen tatsächlich einen Anachronismus dar.

Es dürfte vielen im volkseigenen Sender aber schlicht nicht bewusst sein, welch Juwel sie da im Musterkoffer haben, welch internationale Strahlkraft - bei aller Kritik - von Klagenfurt ausgeht, welche Reputation der Bewerb und seine mehr als professionelle Abwicklung von Zürich bis Hamburg genießen. Nicht nur der literarische Text, auch der orf steht hier im Mittelpunkt und zeigt, dass er noch andere Interessen verfolgt als den Skisport. Die "Tage der deutschsprachigen Literatur" sind, obwohl zur Gänze nach 3sat ausgelagert, ein letzter Ausweis des öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrags.

Der Trend geht gegen die Wort-Kultur. Die Österreichische Nationalbank, die sich stets ähnlich verpflichtet sah und mit Millionen den heimischen Geiger-Nachwuchs unterstützt, ist heuer blamabel und viel zu spät abgesprungen: Bisher hat sie die (bescheidenen) Stipendien für die Teilnehmer des Klagenfurter Literaturkurses übernommen, ein Humus, auf dem nicht zuletzt der heurige Bachmann-Preisträger Thomas Lang gedieh.

Der Wettbewerb selbst hat diesmal vom hohen Niveau der eingereichten Texte profitiert. Auch wenn man Partei ist, darf man sich, ehe er ins 30. Jahr geht, wünschen, dass die Jury künftig auch komplexer poetischer Prosa wieder eine Chance gibt und der gut geschneiderte Konfektionstext Leipziger Schule nicht zum Maß aller Dinge wird. Und für die Berichterstattung: dass das Wortspiel vom "Wörtersee" endgültig jedem zu blöd wird.

Die Autorin ist Jurorin des Ingeborg-Bachmann-Preises.

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