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Apfel aus Tirol

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Wenn man den Gerüchten prominenter Tiroler in der vergangenen Woche Glauben schenken darf, so ; könnte noch der Herbst 1968 eine { Lösung der Südtirolfrage bringen. Grund zu diesem Optimismus dürften die in Paris abgehaltenen Beamtengespräche sein, bei denen angeblich die Italiener erstmals zuge- stimmt haben sollen, daß die von Österreich verlangten Sicherheitsgarantien in einen künftigen Vertrag aufgenommen werden; '' “"“

Noch, nie in dep Jei t,eit; Monaten hatte es allerdings auch auf einmal soviel Aktivität um eine Lösung der Südtirolfrage gegeben wie in der vergangenen Woche:

• Der Tiroler Landeshauptmann Wallnöfer reiste mit Vizekanzler Dr. Withalm zum Kongreß der christlich-demokratischen Parteien Europas nach Venedig. Sicherlich wurden dort mit den Democristiani Italiens weitere Südtirolmaßnahmen besprochen,

• am Tag zuvor informierte Wallnöfer den Südtirolrat bzw. alle mit der Südtirolfrage befaßten Stellen Tirols,

• die Tiroler Vertreter, die. aus Paris von den Beamtengesprächen zurückgekehrt waren, äußerten sich gleichfalls optimistisch über die Haltung der Italiener. Man sprach sogar von einem Freundschaftspakt zwischen Österreich und Italien im Anschluß an eine Lösung des Südtirolproblems,

• und die Leiterin des Südtirolressorts bei der Tiroler Landesregierung, Dr. Viktoria Stadlmayer, begab sich über die Felber-Tauern- Straße (da sie in Italien nach wie vor auf der schwarzen Liste steht) nach Lienz, um am 18. Kongreß der föderalistischen Union europäischer Volksgruppen teilzunehmen.

Nur an der Oberfläche

Optimismus verströmt, was die Si Südtirolfrage anbelangt, auch in h: Wien. Hatte man ursprünglich an- w genommen, die Interimsregierung bl Leone, die ein Minderheitenkabinett m darstellte und der Außenminister Je dieser Regierung, Medici, würde in cl der Südtirolfrage kaum nennens- ei werte Taten setzen, so gibt man L; nun zu verstehen, die Haltung des italienischen Kabinetts gäbe zu be- be gründeter Hoffnung auf eine baldige de Lösung Anlaß. M

Zwar war man in Tiroler Kreisen n; über diesen Wiener Optimismus in gi den letzten Wochen nicht glücklich, V denn im Land des Andreas Hofer de glaubte man, die Wiener wollten die O

Südtirolfrage nur schnell erledigt haben, um dann größeren Problemen wie der durch ein Italienveto blockierten EWG-Frage ihre Aufmerksamkeit widmen zu können. Jetzt aber, nach den Beamtengesprächen in Paris, neigt man in Tirol zu einer anderen Einschätzung der Lage.

Pessimistischer dagegen gab sich bei der Lienzer Volksgruppentagung der Südtirolabgeordnete Dr. Karl Mitterdorfer. Er warf Italien vor, nach wie vor gegenüber der Volksgruppe und Südtirol zu wenig echtes Verständnis aufzubringen und bei der Suche nach Lösungen an der Oberfläche steckengeblieben zu sein.

Aus dieser Situation, meinte Mitterer, könne man das Mißtrauen der Südtiroler verstehen, auch wen andere glauben, daß die jetzig italienische Regierung es mit eint Lösung ernst meine.

Nadi Meinung der Südtiroler nämlich stünden zwei Rechtsstandpunkte nach wie vor gegenüber:

• der österreichische, der besagt, daß die vereinbarten Maßnahmen nur die Durchführung des Pariser Vertrages darstellen und

• der italienische, der in der Südtirolfrage von einer inneritalienischen Frage spricht, wonach Italien alle Verpflichtungen aus dem Pariser Vertrag bereits erfüllt habe.

Mitterdorfer konnte aber auch der Tatsache nichts entgegensetzen, daß das Übergangskabinett Leone überraschend aktiv geworden ist.

Aus Kreisen der Südtiroler „Dolo- miten“-Redaktion hört man dazu die Meinung, daß sich die italienische Regierung mit einer positiven Lösung der Südtirolfrage trotzdem kaum im Parlament durchsetzen könne.

Scheint also nach langem wieder die Möglichkeit gegeben, daß Tiroler und Wiener Stellen mit den Italienern zu einer Einigung kommen könnten, so sind die Tiroler auf O tösterr.eidj wegen „ dga, „Accpr- dinos“ böse. Dieser Wirtschaftsüber- ftinkp.nft,.,'•5'"-

Kammer und der Kammern für Vorarlberg und Tirol (Tiroler dazu: „Eine gute wirtschaftliche Zusammenarbeit, deren Fortsetzung für eine Lösung des Südtirolproblems wichtig wäre“) wirft man nämlich von ostösterreichischen Interessenvertretern Prügel vor die Füße. Tiroler er grimm t dazu: „Weil die steirische: Bauern ihre Äpfel nicht anbringer wollen sie das .Accordino zerstören.“ Für das „Accordino“ abe schlägt die Stunde der Entscheidung sogar schon diese Woche; bereits seit Montag wird in Wien darüber verhandelt.

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