Zu viele Meister, zu wenig Diener

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Der Direktor eines bedeutenden Wiener Museums, ein Mann wie ein römischer Kaiser, erklärt seinen Rücktritt. Doch nicht orgiastische Feste erzwingen diesen Schritt, sondern Geburtstagsfeiern für seine Mutter. In einer anderen österreichischen Stadt wird dem Oberdirektor der dortigen Museen autokratischer Leitungsstil vorgeworfen. Der Kritisierte bestätigt unverzüglich durch die Tat die Aussage seines Kritikers und entlässt diesen. Auch der Entlassene ist ein bekannter Mann der Kunstszene. In der Politik sind Possen dieser Art bereits gang und gäbe. Nun profilieren sich auch die Mächtigen der Kultur zunehmend in einer Weise, die sehr beunruhigend ist. Diesen Herren, leider handelt es sich sehr oft um Vertreter des männlichen Geschlechts, fehlt anscheinend völlig der Sinn für das Dienen.

Es gibt zu viele Meister männlichen und weiblichen Geschlechts, zu viele, die oben sein möchten und nicht bereit zu geduldigem und korrektem Dienst sind. Ein jeder Vorgesetzte tut gut daran, die Arbeit des einfachsten Angestellten zu ehren. Und zwar nicht nur in Form frommer Sprüche, wie es nun auch üblich ist, sondern durch permanente Aufmerksamkeit dem gegenüber, was um ihn herum geschieht. Jeder Akademiker tut gut daran, die sogenannten niedrigen Dienste auch selber zu tun, von Zeit zu Zeit wenigstens. Wir alle müssen neu lernen, unsere Tätigkeiten als Dienst zu verstehen. Wir müssen neu lernen, im Dienen etwas Großes und Bedeutendes wahrzunehmen. Jesus wäscht seinen Jüngern die Füße, er verrichtet den Dienst eines Sklaven. Erst nach dem Tod Andy Warhols wurde bekannt, dass er wöchentlich in ein Obdachlosenhaus ging, um dort zu dienen. Das wäre vielleicht etwas für unsere Direktoren. Und für jeden, der besonders hoch hinaus will. Wenn sie bloß Dinge dieser Art verschwiegen!

* Der Autor ist Kunsthistoriker und Rektor der Jesuitenkirche in Wien

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