Eine Hommage an die 1970er-Jahre und den Lebensstil jener Jahre stellt Mike Mills' famoser Film "Jahrhundertfrauen" dar: Dorothea (Annette Bening), 55 Jahre alt, und ihr Sohn Jamie (Lucas Jade Zumann) müssen zuschauen, wie der in die Jahre gekommene Familienwagen vor einem Supermarkt abbrennt. Dieses Auto ist Familiengeschichte, denn anno 1964 wurde darin Jamie als Neugeborener vom Spital nach Hause gefahren. 40 Jahre war Dorothea damals bereits, viele meinten: zu alt für ein Baby. Mit zehn verlässt der Vater die Familie, und seitdem versucht Dorothea, die in einem Architekturbüro arbeitet, einen Vaterersatz für den Buben zu finden.
In ihrem Haus in Santa Barbara hat Dorothea ein Zimmer an die krebskranke Prä-Punkerin und Fotografin Abbie (Greta Gerwig) vermietet, außerdem wohnt noch Ex-Hippie William (Bill Crudup) im Haus, das er renovieren soll. Schließlich und endlich ist da noch Julie (Elle Fanning), die 17-jährige Tochter der benachbarten Psychologin, die immer wieder da ist und mit Jamie eine platonische Freundschaft pflegt. Abbie und Julie sind fortan die beiden zusätzlichen Frauen im Leben von Jamie und Dorothea, ein verdoppelter weiblicher Vaterersatz also.
Das eigene Leben als Ausgangspunkt
Stark autobiografisch ist diese Comingof-Age-Geschichte von Autor und Regisseur Mike Mills geprägt. Großartig, wie der Filmemacher die Figuren einer komplexen Dramaturgie unterwirft, großartig, wie das Charakter-Trio Bening-Gerwig-Fanning die Herausforderung meistert, drei Frauengenerationen darzustellen, die einander aufgrund ihres jeweiligen Alters sehr fremd sind und doch zusammenfinden können. Aber noch erstaunlicher ist Lucas Jade Zumanns Spiel eines heranwachsenden jungen Mannes, der in der Welt dieser drei Frauen verloren ist und gleichzeitig lernt, den Pfad, auf dem sich sein Leben zu schlängeln beginnt, mit unsicheren Schritten zu ertasten.
Jahrhundertfrauen (20th Century Women)
USA 2016. Regie: Mike Mills. Mit Lucas Jade Zumann, Annette Bening, Greta Gerwig, Elle Fanning, Bill Crudup. Einhorn. 118 Min.
