Zwischen Ernst und Spleen

Werbung
Werbung
Werbung

Den allgegenwärtigen schwedischen Möbelriesen gibt es seit diesem Sommer auch in Indien. Das ist nicht ganz das Thema der Komödie "Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Kleiderschrank feststeckte"; eher schon das gutsituierte Leben, das Aja seit seiner Kindheit mit den Wohnlandschaften aus dem Katalog verbindet, den es irgendwie zu ihm verschlagen hat. Mit Gaunereien hat er versucht, der Armut zu entkommen und seiner Mutter, einer Wäscherin, deren großen Traum zu erfüllen: eine Reise nach Paris.

Als sie plötzlich stirbt, macht er sich stattdessen allein auf den Weg, im Gepäck ihre Asche und den Brief ihrer großen Liebe, die auf sie warten wollte -seines unbekannten Vaters. Zuerst fährt er dort jedoch ins Möbelhaus und verliebt sich selbst in die Amerikanerin Marie. Zum Rendezvous am Eiffelturm schafft er es aber nicht: In der Nacht wird er samt dem Schrank, in dem er schläft, nach England transportiert, wird zum Flüchtling erklärt und abgeschoben - nach Spanien. Es sind die ersten Stationen einer Odyssee.

Mischung aus Realität und Märchen

Die auf einem Roman von Romain Puértolas beruhende Verfilmung lässt sie zu einer Mischung aus Realität und Märchen werden - "eine Tragödie" nennt es Aja zuerst, eine Geschichte als Warnung für die drei zu Gefängnis verurteilten Jungen, denen er sie erzählen will. Schnell ist klar: Der "Fakir" wagt einen Spagat, der beinahe immer schiefgeht. Eben noch berührt er im Bauch eines LKW mit den Worten eines Somaliers, dass sie viele waren, als sie sich auf den Weg machten, und jetzt nur noch fünf, dann wendet sich ihre Flucht vor der Grenzpolizei zur närrischen Fröhlichkeit, damit wenig später der Offizier im Abschiebezentrum sogar zu einer Sing-und Tanznummer ansetzt, in der er seiner finsteren Seele freien Lauf lässt.

Unglücklich wirkt davon nur der musikalische Teil: Nicht immer gehen Regisseur Ken Scott ("Starbuck","Die große Verführung") die Szenen locker von der Hand. Dabei zeigt er später gerade mit einer anderen Bollywood-Einlage, wie gut es ihm gelingen kann, auch dank des Esprits, mit dem der tamilisch-indische Hauptdarsteller Dhanush den gesamten Film trägt. Schwerfällig sind meist die Auftritte der Gaststars, etwa der des französischen Altmeisters Gérard Jugnot ("Die Kinder des Monsieur Mathieu").

Das beschädigt aber nicht die Humanität, die der Film hinter dieser Verbindung von Ernst und Leichtigkeit ausstrahlt, und die Wahrheiten, die Aja hinter manch naiv klingender Verbrämung versteckt. Auch jene, dass das Streben nach Glück universell ist -was hier in denkbar aufrichtiger und zugleich versponnener Form exerziert wird.

Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Kleiderschrank feststeckte (The Extraordinary Journey of the Fakir) F/IND/B 2018. Regie: Ken Scott. Mit Dhanush, Erin Moriarty, Bérénice Bejo. Polyfilm. 100 Min.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung