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Der Pädagoge Wolfgang Liegle betrachtet "Bildungspläne" im Kinder-garten als Bedrohung.

In Deutschland sind sie längst gang und gäbe, in Österreich noch Mangelware: Bildungspläne für den Elementarbereich. Zwar verfügt etwa Wien seit 2006 über einen Bildungsplan für städtische Kindergärten. Für einen bundesweiten Plan hat es bisher nicht gereicht. Das könnte sich demnächst ändern: So hat etwa das Wiener Charlotte Bühler-Institut für praxisorientierte Kleinkindforschung ein Rohkonzept für einen Rahmenbildungsplan erstellt, der gerade von den Bundesländern begutachtet wird. Bereits fertig ist der Bildungsplan-Anteil zur frühen, sprachlichen Förderung im Kindergarten, der im Auftrag des Unterrichtsministeriums konzipiert worden ist.

Anders als schulische Lehrpläne mit ihren konkreten Lehrzielen sollen Bildungspläne dabei helfen, den Entwicklungsstand jedes Kindes zu erkennen, um einen individuellen Bildungsprozess zu initiieren. Für Wolfgang Liegle, langjähriger Chefredakteur der Fachzeitschrift "Welt des Kindes" und Pädagogikprofessor an der Evangelischen Fachhochschule Reutlingen-Ludwigsburg (Baden-Württemberg), geht freilich selbst das zu weit: Er betrachtet schon den Begriff "Bildungsplan" als Unwort. "Bildung ist ein Wert an sich und braucht keine Offensiven und Pläne", meinte er im Rahmen der Internationalen Pädagogischen Werktagung in Salzburg gegenüber der Furche. "Ich bin nicht gegen Bildung, Gott bewahre. Ich bin aber gegen die Verzweckung und Vernützlichung von Bildung." Statt die "Verschulung der Kindheit" voranzutreiben, müssten Kinder angestoßen werden, die Welt zu erforschen, fordert der Pädagoge. "Kinder kommen mit mindestens hundert Sprachen auf diese Welt, doch 99 werden ihnen im Rahmen und im Dienste der Bildungspläne genommen."

Liegle, dessen Arbeitsschwerpunkt auf der sogenannten Reggio-Pädagogik liegt, plädiert indes für den Respekt vor dem Kind, das "Rebell und Revolutionär" sein solle. Zugleich wehrt er sich gegen die Verunglimpfung dieser Haltung als leistungsverweigernde "Kuschelpädagogik": "Kinder erforschen, erkunden, erfahren, experimentieren, bauen ihr Tun in Gedanken auf und entwickeln sich: Die schlecht geredete Kuschelpädagogik nimmt Rücksicht auf diesen Eigen-Sinn und stärkt ihn. Und das ist wichtiger denn je!"

Christina Gastager-Repolust/DH

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