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Fasching ist's. Eine seiner Wurzeln sind die altrömischen Saturnalien zu Ehren des Fruchtbarkeitsgottes Saturn um den 25. Dezember. Ihr Hauptmerkmal: die Machtverhältnisse wurden in einer Art ritueller Revolution umgedreht in Erinnerung an ein "goldenes Zeitalter", als alle gleich waren.

Der Diener spielte den Herrn, der Herr den Diener, Travestie vermischte die sonst so streng getrennten Geschlechter, und ein einfacher Mensch übernahm als Opferkönig die Rolle des Herrschers. Bisweilen wurde er danach tatsächlich geopfert. (Der heilige Dasius, der nicht Opferkönig sein wollte, erwarb sich auf diese Weise 313 die Ehre der Altäre.)

Die Maske ist Zeichen und Instrument dieses Rollentausches. Im Mittelalter war's an den Kathedralen in Frankreich und England beim "Fest der Narren" üblich, dass die niedere Geistlichkeit in blasphemischen "Spotthochämtern" die Domkapitulare und den Bischof persiflieren durfte. Im Tag der Unschuldigen Kinder sind noch Reste dieses Faschingswesens vorhanden, wenn die sonst den Züchtigungen der Erwachsenen ausgelieferten Kinder einmal ungestraft selber schlagen dürfen - natürlich nur symbolisch.

Tempora mutantur. Inzwischen wurde in realen Revolutionen eine "goldene Gegenwart" erkämpft: Saturnalia for ever. Die Kirche wird ganzjährig verspottet, jeder Ärmling kann inzwischen Politiker und damit wichtig werden, wenn er nur der Büttenrede ausreichend mächtig ist. Personen, die man für halbwegs erfolgreich und privilegiert hält, werden jederzeit der Neidgenossenschaft geopfert. Kaum einer, der nicht ständig die Maske des Mehr-Scheinens trägt. Wozu brauchen wir also noch Fasching? Es ist eh ständig Karneval. Was wir endlich wieder bräuchten, ist Fastenzeit.

Der Autor ist Wissenschaftlicher Direktor der Joanneum Research Forschungsgesellschaft in Graz.

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