Kriminalisierung der Frauenpolitik

Werbung
Werbung
Werbung

Zu politisch motivierter Rufschädigung, Einschüchterungund Kriminalisierung von Frauenorganisationen wird der Euroteam-U-Ausschuss missbraucht.

Der Euroteam-Untersuchungsausschuss konzentriert sich seit Monaten auf die Befragung von Mitarbeiterinnen aus Mädchen- und Frauenorganisationen, die in keinem Zusammenhang mit der ehemaligen Viktor-Klima-Lehrlingsoffensive stehen und verstrickt sich in eine Reihe von Widersprüchen.

Widerspruch Nr. 1: Sind nun die Vorgeladenen Auskunftspersonen oder ist ihnen wie NR-Abgeordneter und Ausschussmitglied Helmut Kukacka rufschädigt: "eine Reihe von Gesetzesverstößen" vorzuwerfen?

Widerspruch Nr. 2: Geht es um die Prüfung einer gesetzes- und richtlinienkonformen Vergabe von Subventionsmittel des Sozialministeriums und AMS im Zeitraum von 1995-1999 oder um das Befinden darüber, ob die Verwendung der Subventionen ideologisch passt? Kukacka: "Aufgabe von AMS-Förderungen ist es nicht, grün- und linksalternative Gesellschafts-, Partei- und Frauenpolitik zu machen." Welche Frauenpolitik sollte denn subventioniert werden? Alles was rechts von rot und grün ist?

Widerspruch Nr. 3: Untersuchungsausschüsse sind wichtige Instrumentarien - vorrangig gedacht als Kontrollinstrument der Opposition. Hier allerdings überprüft die VP/FP-Regierung einen Zeitraum just bis zum Zeitpunkt, an dem sie an die Macht gekommen ist und möchte offensichtlich "politisch motiviert" der sogenannten roten Hochburg Sozialministerium Verstöße nachweisen.

En passant werden seit Monaten auch Mädchen- und Frauenorganisationen geprüft und kriminalisiert. Die Auskunftspersonen, langjährige Mitarbeiterinnen von Organisationen, müssen den Ausschussmitgliedern, für die emanzipatorische Frauenpolitik weitgehend eine fremde Materie ist, Rede und Antwort stehen. Nachlesbar geht es um vieles anderes als um die Vergabe von Fördermittel. Die vorgeladenen Mädchen- und Fraueneinrichtungen sind aufgrund gesellschaftlicher Defizite entstanden. Diese Diskriminierung ist in allen gesellschaftlichen Bereichen festzustellen, und nimmt derzeit wieder zu.

Der Frauendiskriminierung begegnet die autonome Frauenbewegung mit verschiedenen Mitteln. Eines davon war und ist, Organisationen für Mädchen und Frauen aufzubauen, die konkrete Ansätze für Veränderung bieten. Ein Mittel darunter ist der Ansatz der "positiven Diskriminierung", ein weiteres das Gendermainstreaming. Vorgeschrieben und in Österreich gesetzlich verankert sind diese Ansätze in der UN-Konvention zur Beseitigung jeder Diskriminierung der Frau, in den EU-Richtlinien zu Gleichstellungspolitik und in der Österreichischen Verfassung.

Wir müssen Zweifel daran hegen, dass die Ausschussmitglieder der Regierungsparteien diese Dokumente in ihrer Gesamtheit kennen. Wie ist es sonst zu verstehen, dass VP-Ausschussmitglied Kukacka einen Fall von Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz erkennen mag, weil in der Redaktion der Zeitschrift an.schläge keine männlichen Kollegen sitzen? Wie steht es um die fachliche Expertise der früheren FP-Frauensprecherin Theresia Zierler, die die Frage beschäftigt, was denn unter Frauensprache - ein Unterrichtsfach der ehemaligen Mädchenschule Virginia Woolf - zu verstehen sei?

Der "Hohe Ausschuss" möge sich entscheiden: Entweder führt er eine inhaltliche Diskussion zu Frauenpolitik, dann sind die geringe Transparenz sowie das Niveau dieses Ausschusses nicht zeitgemäß und die eingesetzten Mittel der Rufschädigung und Verleumdung (im Schutze parlamentarischer Immunität) Ausdruck schlechten Stils. Zu befürchten ist, dass am Ende der Ausschussarbeit Kriterien stehen, die Förderungen für Mädchen- und Frauenvereine gegen Null richten.

Oder es geht um die formale Richtigkeit von Subventionsvergaben des Sozialministeriums und AMS, dann genügt die vorliegende Million an Aktenblättern von 250 Vereinen. Und die Mädchen- und Frauenorganisationen können in Ruhe weiterarbeiten - das wäre angesichts wachsender Frauenarmut, der Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse, der klaffenden Lohnschere, der Diskriminierung von Migrantinnen dringend notwendig.

Die Autorin ist Mitglied der AG Dissidentinnen (ein Ad-Hoc-Zusammenschluss von Frauen- und Mädchenorganisationen)

Dissidentinnen@hotmail.com

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung