Pflicht für Intellektuelle

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Im Gegensatz zur europäischen Scientific Community spielen in der Erfolgsregion Ostasien bei der grundlegenden gesellschaftlichen Positionierung der Wissenschafter religiöse Bezüge eine große Rolle. So wird zum Beispiel in Korea das Katholischsein als zentrales Kriterium für Intellektualität gesehen, obwohl nur 6,2 Prozent der 48 Millionen Koreaner Katholiken sind. Wie der Leiter des Arbeitskreises Masan der Diözese Graz-Seckau, Manfred Schuster, soeben aus Korea zurückgekehrt, berichtet, sei für koreanische Intellektuelle die Bibel Pflichtlektüre, weil sie - auch nach der Meinung konfuzianischer Wissenschaftskreise - "Antwort auf alle existentiellen Fragen gibt". Auch wegen ihres Engagements gegen Armut und Unterdrückung genießt die katholische Kirche in Korea höchstes Ansehen.

Verfolgt man hingegen bei uns den Disput zwischen "Wissenschaft und Glaube", beispielsweise von Evolutionsbiologen und katholischen Wissenschaftern, nimmt einen nicht geringen Teil die Polemik gegen die katholische Position ein, und es wird versucht, zu zeigen, dass katholische Wissenschafter nicht auf der Höhe der modernen Wissenschaft stünden. Man lese nur den Artikel des Wiener Zoologen Gerd Müller, mit dem er im "Spectrum" der Presse am 4. November unter dem Titel "Der Kardinal mag strampeln" gegen den Mediziner und Theologen Johannes Huber schreibt, der ein "intellectual design" Gottes hinter der Evolution zu belegen versucht.

Müllers Argumentation mag okay sein, wo sie wissenschaftlich ist, aber das rechtfertigt noch lang nicht, den Glauben an Gottes Schöpfungsidee mit der Sinnfrage der Evolution auszuschütten. Die Position "katholisch = ohne Intellekt" reicht nicht, um in der Forschung Weltspitze zu zeigen.

Der Autor ist Wissenschaftlicher Direktor der Joanneum Research Forschungsgesellschaft in Graz.

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