Vertrauen und Demokratie

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Einer der dramatischen Nebeneffekte der Griechenland-Krise ist ihr Beitrag zur immer rascher um sich greifenden Aushöhlung der Bedeutung von Begriffen. Wenn die Entscheidung der Euro-Gruppe, dem griechischen Referendum nicht Folge zu leisten, als "Missachtung einer demokratischen Entscheidung" bezeichnet wird, wird die Demokratie zum Trick herabgewürdigt, mit dem sich Wünsche ohne Bezug zur Realität und ohne jede Dimension der Verantwortung legitimieren lassen. Hier liegt Missbrauch von Demokratie vor. Und wenn wenige Tage später jener Regierungschef, der das Referendum vom Zaun gebrochen und dessen Ergebnis gefeiert hat, den Gläubigern Vorschläge macht, die das Ergebnis des Referendums diametral missachten, und das Parlament diese Vorschläge unterstützt, werden die Wähler und der demokratische Mechanismus sogar in ihrem missbrauchten Zustand nochmals verhöhnt.

Mit solchem Verhalten wird die inhaltliche Grundlage eines zweiten Begriffs nachhaltig zerstört, nämlich jene des Vertrauens. Etymologisch hängt Vertrauen mit Treue zusammen und findet sich im Bedeutungsfeld von Treu und Glauben. Weil man aber in die Gedanken eines Menschen nicht "hineinschauen" kann, sind die äußeren Handlungskonsequenzen der inneren Entscheidungen das Einzige, womit ein Rückschluss auf die Gedanken möglich wird. Ob jemand treu ist und man ihm vertrauen kann, ist Konsequenz ausnahmsloser Verlässlichkeit im Verhalten. Wer allerdings Begriffe missbraucht, in seinem Verhalten Sprunghaftigkeit an den Tag legt und konsequente Übereinstimmung von Worten und Handlungen verweigert, zerstört Vertrauen.

Dies ist nicht nur in Individualbeziehungen gefährlich, sondern kann zur Tragödie von Demokratie werden, wenn das Vertrauen in Wort und Handeln der Entscheidungsträger zerstört wird.

Der Autor ist Professor für Arbeits-und Sozialrecht und Leiter des Instituts für Familienforschung

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