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Ernüchterung, aber auch Erleichterung im zentralen Bezirksgericht von Kaliningrad: Im "Flaggen-Prozess" wurden die drei Aktivisten Michail Feldman, Oleg Sawwin und Dmitrij Fonarjow am Mittwoch zu jeweils 13 Monaten Haft verurteilt. Da sie die Zeit allerdings schon in Untersuchungshaft abgesessen haben, kommen sie frei.

Vor einem Jahr hissten die drei Aktivisten in Kaliningrad eine deutsche Fahne auf dem Gebäude des russischen Geheimdienstes FSB. Die Aktion hatte wenige Tage vor dem Referendum über den Status der Krim stattgefunden. "Wenn dort die Flaggen eines fremden Staates hängen können -warum dann nicht auch hier?", schrieben die Aktivisten aus der Haft.

Im größten Flächenland der Welt haben Separatismus und Selbstverwaltung viele Gesichter. Als Musterbeispiel gelungener Selbstverwaltung gilt die autonome Republik Tatarstan, die mit eigener Verfassung weitgehende Sonderrechte genießt. Um die Republik Tschetschenien wurde hingegen ein blutiger Krieg geführt. Rufe nach Autonomie hatte es auch immer wieder von den Rändern des Riesenreiches gegeben -von Karelien in Nord-West-Russland bis hin zu Sachalin im Pazifik. Seit 2013 wird "Propaganda von Separatismus" mit bis zu fünf Jahren Haft verfolgt werden.

hongkong der Ostsee

Von einer separatistischen Stimmung kann in Kaliningrad, dem ehemals deutschen Königsberg, freilich keine Rede sein. Aber die Krise hat alte Fragen neu aufgeworfen. Kaliningrad, das eigentlich zum "Hongkong an der Ostsee" werden sollte, leidet heute unter seiner Insellage: Der fallende Rubelkurs hat Importe verteuert, ausländische Unternehmen ziehen sich zurück. Es gibt Gruppen, die sich durch eine stärkere Autonomie der Region eine bessere Entwicklung versprechen.

Ähnliche Stimmen gibt es auch 4600 Kilometer weiter im Osten. In Nowosibirsk sollte im vergangenen Sommer ein "Marsch für die Föderalisierung" Sibiriens stattfinden. "Die Forderungen waren rein wirtschaftlich - eine Änderung der Steuerpolitik, die bisher vorsieht, dass die meisten Steuern nach Moskau fließen", sagt der Künstler Artjom Loskutow, der eine Performance geplant hatte. Der Marsch wurde allerdings von den Behörden verboten. Artikel und Einträge in sozialen Medien über das Event wurden auf Anweisung der Medienaufsichtsbehörde entfernt oder blockiert.

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