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Ankläger aus Langweile

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Die Erkenntnis, daß eine österreichische Erstaufführung nicht unbedingt ein Theaterereignis sein muß, hat sich bei Georges Neveux’ „Klage gegen Unbekannt“ leider erneut bestätigt gefunden. So sehr sich auch das Ensemble des Theaters für Vorarlberg im Bregenzer Theater am Kommarkt abmühte, diesmal lohnte sich die Mühe nicht. Schuld daran war das Schauspiel des Franzosen, der mit so berühmten Leuten wie Jouvet und Cocteau in Verbindung gestanden ist, ja mit seiner „Julia“ sogar einmal einen Theaterskandal provozierte. Seine „Klage gegen Unbekannt“ ist aber doch zu albern, um ernstgenommen zu werden. Das Ge- schichtchen: Im Zimmer eines angesehenen Rechtsanwaltes treffen spätabends ganz verschiedene Typen ein, die behaupten, daß sie alle ihrem Leben ein Ende setzen möchten. Dieses Geständnis bringt nun dem biederen Rechtsbeschützer eine Verzweiflung nach der anderen: als glücklicher Mensch versucht er, seine unglücklichen Kunden umzustimmen. Im zweiten Akt werden dann die Positionen vertauscht: Schließlich beschließen alle weiterzuleben, nur der egozentrische Jurist jagt sich eine Kugel in den Kopf. Die Klage gegen Unbekannt (Gott) verpufft.

Die Darsteller waren trotzdem mit Eifer bei der Sache. Allen voran Rudolf Schmitz als Rechtsanwalt, nach ihm ist Robert Marencke zu nennen. Lotte Lais, Tua Paller, Gerda Zangger, Hans Niklos und Peter Geiger waren ein durchaus ambitioniertes Ensemble. Hübsch die Kostüme von Lore Haas, das Bühnenbild von Erich Fischer unterstrich die Harmlosigkeit des Schauspieles. Dem Regisseur und Übersetzer Alex Freihart ist eigentlich nur ein Vorwurf zu machen: nämlich der, daß er sich gerade für Neveux entschied. Zu sehr ist mir noch seine bezaubernde Übersetzung der französischen Boulevardkomödie „Bankraub für Anfänger“ von Michel Andrė in Erinnerung, als daß man „Klage gegen Unbekannt“ ohne weiteres hinnehmen könnte. An Andrė gemessen, bedeutet Neveux einen entscheidenden Umfaller, der hoffentlich bald in Vergessenheit gerät.

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