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Sabine M. Grubers antimoderner Werberoman.

Die vielseitige Sabine M. Gruber hat kürzlich zwei Bücher veröffentlicht, einen Bestseller über die Sprachbilderwelt des Dirigenten Nikolaus Harnoncourt und ein Buch über einen jungen, weniger berühmten Mann, über Michael, der träumt, Dichter zu werden.

Seine Geschichte dokumentiert ein ungewöhnlicher Erzähler, der zwar alles sieht und weiß, aber unsichtbar bleibt, zumal er bis zuletzt "nicht berufen [ist], in die Geschehnisse, die sich [...] zutragen, einzugreifen". Michael zieht rund um den Pseudofeiertag Halloween in ein Haus ein, das er im folgenden Juni Helga, seiner "Gegenüberin", überlässt. In diesen Monaten entwickelt sich zwischen ihm und der angeblichen Schneiderin eine Beziehung, aus der Helga zunächst schwanger und dann nicht mehr schwanger hervorgeht.

Das Eingemachte dieses Romans ist aber Michaels Story, dessen Glück perfekt zu sein scheint, als er in einer Stellenanzeige liest "DICHTER GESUCHT". Das Inserat entpuppt sich als Lockmittel einer Werbeagentur, die einen Texter braucht. Der beflügelte Dichter in spe nimmt die Herausforderung der - unschwer erkennbaren - Agentur "Lämmer & Partner" an. Das Lebensmotto des Chefs, "Erfolg ist, einen Namen zu haben", ist gleichsam der maßgebende Wappenspruch des großspurigen Werberitters. Ab sofort heißt Michael Mike und dichtet unentwegt für Funk, Film, Fernsehen und Plakat.

Hat er früher in alter Schriftstellermanier Wörter durchgestrichen, so verwertet er jetzt einfach alles. Stufe um Stufe geht Mikes Erfolg weiter, bis in die höheren Gefilde der Werbung. Die Höhepunkte der Werbung markieren zugleich Michaels Abstieg in die Hölle der Sprach-, Sinn- und Lieblosigkeit.

Sabine M. Grubers Roman, gespickt mit - mehr oder weniger furiosen - Zitaten aus der Werbung, ist ein Buch über die Werbe- und Seitenblicke-Gesellschaft in der Hauptstadt. Der Gegensatz ist die noble, untadelige Sprache der hochgebildeten Autorin, die beabsichtigt in einem nicht ganz heutigen Jargon eine moderne Geschichte schreibt.

Kein Wunder, dass sich der ausgebrannte Werbe-Dichter schließlich immer öfter in eine dunkle Kammer zurückzieht, um seine Seele mit Büchern zu füttern, in denen er nicht auf Werbesprüche stößt.

Ich meine, "Michaels Verführung" ist der beste antimoderne Werberoman seit der Erfindung der Familie Putz.

Michaels Verführung

Roman von Sabine M. Gruber:

Literaturedition Niederösterreich, St. Pölten 2003

230 Seiten, geb., e 13,-

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