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Ein Buch über die Rolle österreichischer Polizisten bei der Judenvernichtung in Ostgalizien.

Beinahe 50 Jahre lang war die Beteiligung von Einheiten der Ordnungspolizei am nationalsozialistischen Judenmord publizistisch kaum ein Thema. Ähnlich wie die Wehrmacht, deren "Sauberkeit" auch aus dem Selbstverständnis der Beteiligten heraus immer wieder betont wurde, entzog sich nach 1945 auch die "grüne" uniformierte Polizei über weite Strecken der Strafverfolgung.

In den größeren Städten des im Sommer 1941 dem Generalgouvernement Polen zugeschlagenen Distriktes Galizien waren ab Herbst 1941 überwiegend aus österreichischen Polizisten zusammengesetzte stationäre Schutzpolizei-Dienstabteilungen für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung zuständig. Binnen kürzester Zeit erwiesen sich diese Einheiten als willfährige Helfer und Exekutoren bei der Vernichtung der jüdischen Bevölkerung Galiziens.

Am Beispiel der beiden Städte Drohobycz und Boryslaw wird exemplarisch dargestellt, warum sich die Männer dermaßen umstandslos in den nationalsozialistischen Massenvernichtungsapparat integrieren ließen. Es ist das Verdienst des Autors, ein bisher völlig vernachlässigtes Element der Judenvernichtung mit sehr starkem Österreichbezug darzustellen. Schon der Titel "Wir als Wiener waren ja bei der Bevölkerung beliebt" macht das Nichtübereinstimmen von Eigen- und Fremdsicht deutlich. Die Verdrängung der auch für die Täter nicht angenehmen Ereignisse ist ein weiterer Aspekt, der das Lesen dieses Buches empfehlenswert macht.

Mehr als 700 Fußnoten auf knapp 170 Seiten betonen zwar die wissenschaftliche Kompetenz und Recherchetätigkeit des Autors - bei diesem Buch handelt es sich um eine überarbeitete Diplomarbeit - sind jedoch der Lesbarkeit des Buches nicht immer zuträglich. Gerade wissenschaftliche Arbeiten, die publiziert werden, um eine breitere Leserschaft zu erreichen, sollten vom Lektorat dementsprechend überarbeitet werden.

In einem zusammenwachsenden Europa ist das Wissen über die gemeinsame, leidvolle Geschichte wichtig, um Irritationen und Befindlichkeiten aller Beteiligten erkennen zu können. Hier können Bücher wie das vorliegende von Thomas Geldmacher den wissenschaftlichen Ausgangspunkt für eine Aufarbeitung der gemeinsamen jüngeren Vergangenheit bilden. Das angerichtete Unrecht lässt sich nicht ungeschehen machen - die notwendige Diskussion über Verantwortung und persönliches Fehlverhalten ist auf der Basis wissenschaftlich gesicherter Daten zu führen.

"Wir als Wiener waren ja bei der Bevölkerung beliebt"

Österreichische Schutzpolizisten und die Judenvernichtung in Ostgalizien 1941-1944

Von Thomas Geldmacher. Mandelbaum Verlag, Wien 2003. 180 S., geb. e 17,90

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