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Gerhard Ruiss' Sprachsortiment.

Der Titel dieses Bandes - 2nd happy shop - lässt wohl kaum auf den Inhalt eines Buches schließen. Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG Autoren und Autorinnen und multiprofessioneller Künstler, gibt in seinem Vorwort jedoch gleich Einblick in sein "Sortiment". Da lesen wir zunächst einmal von der Bedeutung des Glücks für den Menschen in all seinen Ausprägungen. Irgendwann einmal im Leben versucht schließlich jeder etwas davon abzuzwacken, vom "heimlichen, stillen oder leisen Glück". Und dann gibt es noch den berühmten Glücksgriff und den oft herbeigesehnten Glücksmoment. Aber selbst das Gewöhnliche kann Freude machen, das Zeitlose, das Schnäppchen. Ruiss' 2nd happy shop ist so etwas wie ein Pool für glückliche "Finderinnen und Finder".

Tatsächlich räsoniert Ruiss in seinen Gedichten, Skizzen oder Szenen über Gott und die Welt. Man findet den Alltag wieder und das, was täglich berührt. Mit Zeitungsmeldungen und Politikeraussagen betreibt er Sprachmimikry. Er zerlegt und montiert sein Material, bricht Sprachkorpora auf und dreht die Worte durch den Fleischwolf des Experiments. So kann man hier die "pro / vinz / kontra / st / pro / fan" wahrnehmen und den Österreicher als einen, der - wie könnte es anders sein - die Einleitung einer Amtshandlung postuliert. Ruiss rückt den Österreichern und ihren Redewendungen an den Leib. "schwamm drüber". Bitterzart ist die Ironie, die in den Versen kreuzt zwischen dem "Welthandel mit Waffen" und der "entwaffnung der kleinbewaffneten" von Nagelscheren und diversen anderen messerscharfen Geräten in Passagierflugzeugen. Später geht es um die Absurdität der Gewaltspirale.

Neben Politischem brandet auch Soziales ganz locker in die Texte herein: "die obdachlosen / hausen obdachlos / in unruhigen lagen / solidarisch / mit den in ruhigen lagen / betuchten und / bedachten ... die nato / verteidigt die nato / solidarisch / mit den nato-mitgliedsstaaten / die sterbenden / sterben / wie die fliegen / solidarisch / mit den / fliegenklappen". Es "jandlt", "linkslinkt", "jännert" und "entzembert" hier. Ruiss steht also bewusst in einer alten Tradition. Schwierigkeiten werden untertunnelt statt vermieden und in seinen Scherzliedern geht es um den "sparbudgetdulijöh" oder "legislaturperiodendulijöh". Ohne Zweifel zeigt sich da ein subtiles Sensorium für Politisches und Sprachkritisches. "fliegen / die gedanken nicht mehr / fliegen die fetzen."

2nd happy shop

Von Gerhard Ruiss. Edition Selene, Wien 2003. 270 Seiten, br., Euro 19,20

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