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Lord Nelsons Tanz auf dem Vulkan

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Es ist schwer, sich der kühnen Behauptung des Verlages anzuschließen, die Susan Sontags neuen Roman „einen Triumph des historischen Romans“ nennt.

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Es ist schwer, sich der kühnen Behauptung des Verlages anzuschließen, die Susan Sontags neuen Roman „einen Triumph des historischen Romans“ nennt.

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Die bekannte amerikanische Essayistin Susan Sontag hat einen historischen Roman aus dem Neapel am Ende des 18. Jahrhunderts, in dessen Mittelpunkt die Liebes- und Skandalgeschichte zwischen Admiral Hora- tio Nelson und der Frau des englischen Botschafters in Neapel, Emma Hamilton, steht. Darüber hinaus zeichnet der Roman ein

Sittenbild der damaligen neapolitanischen Gesellschaft, des Königshofes der Bourbonen, des Adels und des Volkes in einer revolutionären Zeit, ein Bild, das noch durch den Lava- und Feuerspeienden Vesuv eine weitere unruhige Dimension erhält.

Einige interessante zeitgenössische Persönlichkeiten treten als Randfiguren auf, wie zum Beispiel Goethe, der grausame und als Oberintrigant bekannte Poli- zeichef Scarpia und der dekadente König, mit seiner habsburgischen Königin, die ihrem Mann an Intelligenz weit überlegen ist und deren Busenfreundin eben jene Frau des Botschafters, Emma Hamilton ist. Neben dem Paar Nelson-Emma steht der englische Botschafter in Neapel, Sir William Hamilton im Mittelpunkt. Der Botschafter ist leidenschaftlicher Sammler von Kunst, Gestein, Büchern, belesen, etwas zynisch und voll intellektueller Neugier. Er holt aus dem eher unwichtigen Posten das Beste für sich heraus.

Der Stoff ist reizvoll. Dennoch hat das Buch einige Minuspunkte: vor adlem sein zu großer Umfang. Sontag hätte das ganze Buch ohne Verlust straffen können. Ein zweiter Punkt ist die unterschiedliche Schreibweise einiger Kapitel. So stehen zum Beispiel einem ausgezeichneten Kapitel über den Aufstand in Neapel weniger interessant geschriebene gegenüber. Sontag schreibt mit viel psychologischem Einfühlungsvermögen, das sie offenbar den großen Romanen von Thomas Mann, den sie bewundert, nachfühlt, ohne allerdings seine Gediegenheit und Gründlichkeit zu erreichen.

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