Der Mann ohne Erinnerung

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MEMENTO - Memento

Beim Versuch, seine Frau zu beschützen, erleidet Leonard eine Hirnverletzung und kann sich seitdem nur noch an die Ereignisse der letzten fünf Minuten und an sein früheres Leben erinnern. Dennoch versucht er seinem Gedächtnis soweit nachzuhelfen, dass er den Mörder seiner Frau aufspüren kann. Der brillant durchkonzipierte Plot ist meisterhaft geschnitten und ergibt schließlich ein Ganzes, das jedoch nach vielen Seiten hin offen bleibt. Ab 14.

Aufwachen in einem unbekannten Hotelzimmer. Die Schubladen öffnen auf der Suche nach einem Hinweis über die Vergangenheit. Die Erinnerungen, welche sich einstellen, kommen allesamt aus einem vergangenen Leben - der kommende Tag lässt sich nur mittels Gedächtnisstützen strukturieren. Leonard (Guy Pearce) erlebt diesen Alptraum jeden Morgen. "John G. raped and murdered your wife". Wenn er Morgens diesen Satz liest, der spiegelverkehrt auf seine Brust tätowiert ist, weiß er wieder, was seine Aufgabe ist. Er will den Mörder seiner Frau finden und zur Strecke bringen, nur so hat sein Leben noch Sinn.

Mit einer trickreichen Erzähltechnik lässt Drehbuchautor und Regisseur Christopher Nolan den Zuschauer in diese Welt der kurzen Erinnerungsphasen eintauchen. Der Zeitablauf ist zerstückelt und die erste Einstellung zeigt schon den Mord, mit dem die Geschichte enden wird. Aber war es der richtige Mann, der getötet wurde und welche Indizien haben ihn überführt? Von einer Szene in die nächste muss sich der Kinobesucher zeitlich neu orientieren. Was ist bisher geschehen, wann ist dieser Moment einzureihen? Eine Reihe von Hinweisen darf nicht übersehen werden: Ist die Fensterscheibe des Autos schon zerstört, oder nicht? Habe ich diese Situation nicht schon einmal gesehen, ist es die Fortsetzung einer früheren Einstellung?

Als vergleichbarer Film kommt "The Usual Suspects" (1995) in Frage, aber der Verlust der eigenen Identität und die daraus folgende Verwirrung sind hier radikaler und gewaltsamer als Kevin Spaceys Lügengespinst um den Verbrecherkönig. Im Charakter von Leonard verbinden sich ungewöhnliche Eigenschaften. Einerseits ein knallharter Kerl, der mit allen Mitteln nach Rache sucht, auf der anderen Seite seine offensichtliche Schwäche, die ihn angreifbar und manipulierbar macht - eine Schwäche, um die er weiß und die sein Verhalten gegenüber anderen prägt.

Teddy (Joe Pantoliano) will Leonard bei der Suche helfen - oder ist eher Natalie (Carrie-Anne Moss) zu glauben, vor der Teddy ihn warnt? Sie scheint ihn ausnutzen zu wollen, hat aber auch eine gewisse Sympathie für ihn. Teddy hingegen beteuert zwar, ihm helfen zu wollen, wirkt dabei aber oft wenig glaubhaft. Die Frage, wem er vertrauen kann, ist für Leonard schwer zu entscheiden, erkennt er Menschen doch nur mit Hilfe von Polaroidfotos wieder, auf deren Rückseite er sich wichtige Hinweise notiert, wie etwa: "Glaube seinen Lügen nicht."

Langsam bohrt sich die Geschichte an vielen Enden immer weiter in die Vergangenheit hinein, bis schließlich soviel klar geworden ist, dass man befriedigt den Kinosaal verlassen kann, um sich auf dem Heimweg mit den offengebliebenen Fragen beschäftigen zu können.

Nolan und sein Cutter Dody Dorn demonstrieren hier ihre Meisterschaft im Umgang mit der Erzählzeit, ein Umgang, wie er nur im Kino möglich ist. Wegen dieser genuin cineastischen Qualität wird man sich auch in Zukunft noch an "Memento" erinnern.

USA 2001 - Produktion: Newmarket - Produzent: Suzanne Todd, Jennifer Todd - Verleih: Buena Vista - Länge: 117 Min. - Regie: Christopher Nolan - Buch: Christopher Nolan - Kamera: Wally Pfister - Schnitt: Dody Dorn - Musik: David Julyan - Darsteller: Guy Pearce, Carrie-Anne Moss, Joe Pantoliano

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