Hysterische Überformungen

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MAYBE BABY - Maybe Baby

Im Leben wäre die Art, wie Sam und Lucy damit umgehen, dass sie trotz aller Bemühungen kein Baby in die Welt bekommen, vielleicht mit Galgenhumor zu umschreiben. Der Film zeigt sie: tapfer grimassierend und gutgemeint traurig, das heißt lediglich um Humor bemüht. Weil Sam kein Tagebuch über seine gescheiterten Versuche, Vater zu werden, schreiben mag, schreibt er ein Drehbuch, das gegen Lucys Willen entsteht und verfilmt wird. Vor dem Happy-End des mustergültigen Pärchens (bekannt aus 101 Dalmatinern) gibt es also eine Krise. Britische Komödie mit guter Besetzung, der der gänzliche Mangel an Boshaftigkeit zum Verhängnis wird: Die Situationskomik wird herbeigeredet, ist aber nicht zu sehen oder zu erfühlen. Ab 14.

Je peripherer eine Figur für die Handlung ist, desto überdrehter ist ihr Auftritt: Emma Thompson als Alt-Hippie Druscilla auf dem Esoterik-Trip macht ihre Sache sichtlich gut. Dem kinderlosen Ehepaar Sam (Hugh Laurie) und Lucy (Joely Richardson) erklärt sie, dass der Mangel an Fruchtbarkeitsritualen in der europäischen Kultur der Grund ist, warum die sehnsüchtig gewünschte Schwangerschaft nicht eintritt. Sie weiß immerhin mehr als Dr. James, der von Rowan Atkinson gespielt wird. Der Gynäkologe mit dem Gesicht Mr. Beans tappt bei seinen Untersuchungen buchstäblich im Dunkeln. Sam und Lucy unterwerfen sich sowohl den Kraftlinien, die Druscilla propagiert, als auch der künstlichen Befruchtung, die Dr. James Vorschlag ist. Auch Matthew Macfadyen als Sams Boss Nigel ist dermaßen überzeichnet, dass man sich wundert, wie die BBC, die mitproduziert hat, sich selbst in Gestalt eines Sendechefs so karikieren konnte.

Hier erscheint der zweite Erzählstrang des Films: Lucy schreibt Tagebuch, Sam ist eigentlich Programmredakteur für Spielfilme bei der BBC und weil ihn Nigel ins Kinderfernsehen versetzt und damit demütigt, schreibt er ein Drehbuch. Auch Tom Hollander, der den exaltierten Jungregisseur Ewan Proclaimer gibt, ist nichts als die Persiflage darauf, was "hip" ist. Ewan wird Sams Geschichte verfilmen.

Je näher man zum Handlungskern vorstößt, desto fader wird es. Man weiß nicht, ob man sich die hysterische Überformung der Hauptfiguren gewünscht hätte. Aber diese Mischung aus gut gemeinter Traurigkeit und noch besser gemeintem Witz reißt einen nicht einmal zu einer Grimasse hin. Die werden ohnehin von Sam geschnitten, ob er nun zum Spermatest muss oder mal eben schnell nach Hause, weil seine Frau gerade fruchtbar ist. James Purefoy als Schauspieler Carl Phipps, in den sich Lucy ein bisschen verguckt, weil der Sex mit ihrem Mann nur noch Mittel zum Zweck ist, zieht mit seinem Blick nur noch Schleimspuren. Adrian Lester als Sams Freund George blickt treuer als der Hund. Und Sam und Lucy schließlich: auf ihnen lastet die ungewollte Kinderlosigkeit, da ist es Schluss mit lustig.

Auch diese "romantische Komödie" nimmt dem Zuschauer das Urteil ab, um irgendwoher noch Bedeutung zu gewinnen. Der Drehbuchautor Sam findet es witzig, dass Lucy zu einer Untersuchung nur mit gekreuzten Beinen hingehen kann. So handelt sein Drehbuch von einem Ehepaar, das versucht, ein Kind zu kriegen - natürlich gegen Lucys Willen. Weil ihm die Frauenfigur nicht so gelingt, entwendet er seiner Frau für den fiktiven Monolog des weiblichen Parts auch noch ihr Tagebuch. Der Streit ist programmiert. Als Lucy auf dem Set erscheint, während ihre künstliche Befruchtung gerade inszeniert wird, wirft sie Sam an den Kopf, sie hasse ihn. Ewan, der Regisseur, neigt sich zu seiner Hauptdarstellerin und bedeutet ihr, dass dies die emotionale Intensität wäre, die sie erreichen müsse. Gegen den Film im Film muss die vorgeschobene Wirklichkeit mehr Substanz besitzen. Als Zuschauer des Ganzen aber wünscht man sich, dass dies alles nur eine Probe gewesen sein würde. Irene Rudolf

GB 2000 - Produktion: Pandora Cinema/BBC - Produzent: Phile McIntyre - Verleih: Concorde - Länge: 104 Min. - Regie: Ben Elton - Buch: Ben Elton - Kamera: Roger Lanser - Schnitt: Peter Hollywood - Musik: Colin Towns - Darsteller: Hugh Laurie, Joely Richardson, James Purefoy, Tom Hollander, Emma Thompson, Rowan Atkinson - BBWK: noch offen - Prädikat: noch offen

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