Sarg fährt im Bus mit

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BALALAIKA - Balalayka

Drei türkische Brüder erfüllen den letzten Wunsch ihres toten Vaters und überführen den Sarg seines Freundes aus Russland zurück in die Türkei. Ihre Mitreisenden in dem Bus sind russische Frauen, die in der Türkei als Prostituierte arbeiten wollen. Mit der Zeit kommen die Brüder den Frauen, aber auch einander näher. Eine wehmütige Reflexion über die Liebe, die nicht immer Berge versetzen kann; ein anrührendes, bisweilen humorvoll und in schönen Bildern erzähltes Road-Movie mit liebenswerten Charakteren. OmU. Ab 14.

Nach dem Tod ihres Vaters kommen drei türkische Brüder, die unterschiedlicher nicht sein könnten, zusammen, um ihm den letzten Wunsch zu erfüllen: Sie sollen den Leichnam seines toten Freundes aus Russland in die Türkei überführen und ihn in allen Ehren bestatten. Die drei - der Älteste ist in sich gekehrt, ihm kommt kaum ein Lachen über die Lippen, der Mittlere ist Matrose und Frauenheld, der sensible Jüngste ist Technischer Zeichner in Deutschland - machen sich auf den Weg. Auf der Rückfahrt geraten sie in einen Bus, dessen Fahrer mit Zuhältern zusammenarbeitet und russische Mädchen für mehrere Monate in die Türkei bringt.

Alle drei Brüder, die einander im Laufe der Zeit näher kommen, verlieben sich während der Reise in eines der Mädchen; besonders für den Ältesten markiert die Fahrt einen Wendepunkt in seinem Leben: Er hat eine Frau gefunden, der gegenüber er sich öffnen kann, die ihn liebt. Ein Konflikt mit einem der Zuhälter endet für die Frau allerdings tödlich; die beiden anderen Brüder lassen ihre Liebschaften zurück, um den Ältesten mit ihrem Sarg zurück nach Russland zu begleiten.

"Für alle Liebenden" sei dieser Film, und in der Tat kann man "Balalaika" als wehmütige Reflexion über die Liebe sehen. Das Märchen von der Liebe, die alle Schwierigkeiten überwinden kann, wird hier als eben solches enttarnt: Es gibt in diesem Film schöne Momente zwischen Liebenden, letztendlich aber hauptsächlich schmerzvolle Trennungen, die die Figuren wieder auf den Boden der Realität zurückholen, wo Liebe eben nicht alles möglich macht (bemerkenswert übrigens, dass ein türkischer Mann in einem türkischen Film weinen darf). Die drei Brüder wollen ihre Frauen vor dem, was auf sie zukommt, retten, wollen nicht wahrhaben, dass sie sich - auch wenn sie diese Art, Geld zu verdienen, hassen - mehr oder weniger freiwillig dazu entschieden haben, in den Bus zu steigen. "Mich retten? Wie im Märchen? Aber ich brauche Geld und werde es verdienen", sagt eine und macht damit klar, dass dieser Film keine Romanze mit Happy End sein wird.

Trotz dieser melancholischen Grundstimmung kommt der Humor nicht zu kurz. Nicht nur, dass die Reisenden keineswegs ständig Trübsal blasen sondern sich - bisweilen zu den Klängen der Balalaika, die sie begleitet - durchaus gut unterhalten, die Geschichte ist zeitweise witzig erzählt, dazu gibt es skurrile Bilder, vor allem rund um den Sarg, der in der letzten Sitzreihe des Busses mitfährt. Die in ihren Eigenarten sehr liebenswerten Figuren sind sorgfältig gestaltet. Schade ist nur, dass die Geschichte aus der Perspektive der Nichte der Frau des Ältesten erzählt wird, die geistig ein wenig zurückgeblieben zu sein scheint und außerdem nicht einmal die ganze Fahrt hindurch dabei ist. Das passt nicht so recht zum übrigen Film, macht ihn aber andererseits nicht kaputt.

"Balalaika" ist jedenfalls ein anrührendes Road-Movie, das hinter die Masken der Menschen sehen will, dabei aber ohne betuliches "Alles-wird-gut"-Gehabe auskommt und auch nicht verurteilt. Ein schöner Film, der seine Geschichte unprätentiös erzählt.

Türkei/Russland 2000 - Produktion: TMC Film/Asia Film - Produzent: Erol Avci - Verleih: Cinematograph - Länge: 115 Min. - Regie: Ali Özgentürk - Buch: I. Özgentürk - Kamera: Mirsad Heroviç - Musik: Askin Arsunan - Darsteller: Ugur Yücel, Cem Davran, Ozan Guven, Yekaterina Rednikova, Nadezha Gorelova, Ercan Yazgan

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