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Die „Puccinis“

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Es ist ein interessantes Faktum der Geschichte der Musik Italiens im 20. Jahrhundert, daß Städte, welche bis dahin als bedeutende Marksteine in der Geschichte, der bildenden Kunst bekannt waren, sich zu Zentren der Musikpflege entwickelt haben, von denen so manche in den wenigen Jahrzehnten ihres Bestehens einen unbestrittenen Platz sowohl in der Reihe der italienischen .Musikausbildungsstätten als auch in jener der weltlichen und geistlichen Musikfestspiele des Landes einnehmen. Während die Pflege der Kunstmusik Roms durch die Jahrhunderte hindurch in irgendeiner Form immer vorhanden war, entwickelt sich in der Epoche der Renaissance die führende Stellung Venedigs auf dem Gebiet der polyphonen Sakralmusik, während Florenz zum Ausgangspunkt der modernen Oper wurde. Erst' vom zweiten Viertel des gegenwärtigen Säkulums an tauchen Namen wie Perugia, Siena und Spoleto auf, die aus der Geschichte -der Musikübung und -pflege Italiens nicht mehr wegzudenken sind.

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Es ist ein interessantes Faktum der Geschichte der Musik Italiens im 20. Jahrhundert, daß Städte, welche bis dahin als bedeutende Marksteine in der Geschichte, der bildenden Kunst bekannt waren, sich zu Zentren der Musikpflege entwickelt haben, von denen so manche in den wenigen Jahrzehnten ihres Bestehens einen unbestrittenen Platz sowohl in der Reihe der italienischen .Musikausbildungsstätten als auch in jener der weltlichen und geistlichen Musikfestspiele des Landes einnehmen. Während die Pflege der Kunstmusik Roms durch die Jahrhunderte hindurch in irgendeiner Form immer vorhanden war, entwickelt sich in der Epoche der Renaissance die führende Stellung Venedigs auf dem Gebiet der polyphonen Sakralmusik, während Florenz zum Ausgangspunkt der modernen Oper wurde. Erst' vom zweiten Viertel des gegenwärtigen Säkulums an tauchen Namen wie Perugia, Siena und Spoleto auf, die aus der Geschichte -der Musikübung und -pflege Italiens nicht mehr wegzudenken sind.

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Diesen gesellt sich in neuester Zeit das toskanische Lucca, das wohl immer die Musik geliebt und gepflegt hat, ihr aber erst in den letzten Dezennien durch die Gründung von Vokal- und Kammermusikvereinigungen eine wirksame Stütze gegeben und im Frühsommer dieses Jahres eine „settiimana sagra musicale lucchese — conoerti di musica reli-giosa“ in den größten und schönsten Kirchen dieser eigen- und einzigartigen Stadt abgehalten hat. Das Festival begann in der ihren Namen wohlverdienenden „Chiesa Monumentale di S. Romano“, die mit einer für alle Nichteingeweihten als

wahre Überraschung zu wertenden Aufführung der „Musiche sacre della famiglia Puccini“ eine Auswahl des kirchenmusikalischen Schaffens dieser lucchesischen Familie boten, das mit Giacomo Puccini sen. (1712 bis 1781) seinen Anfang nahm und über Antonio, Domenico und Michele zu Giacomo Puccini jun. (1858 bis 1924) geführt hat, der mit seinem Jugendwerk, der in der Wiener Hofburgkapelle öfters aufgeführten vierstimmigen Orchestermesse, den Schlußpunkt seiner mehr als 250jährigen sakralmusikalischen Familientradition gesetzt hat, um den Weg der modernen Oper als ihr unerreichter Meister zu bereiten. Die Ausführenden waren die heimischen Ensembles: „Orchestra da Camera Lucchese“, Cappella „Cecilia“ von der Kathedrale von Lucca unter Herbert Handt, welchem ebenso wie den ausgezeichneten Solisten ein ernst zu wertender Erfolg zuteil wurde.

Großes Interesse erregten auch die Motetten- und Meßkompositionen der ebenfalls in Lucca geborenen

Francesco Gasparini und Luigi Boccherini, deren erste zeitgenössische Wiederaufführung, welche der Holländische Kammerchor im Verein mit der heimischen Orchestra da Camera „Musici Lucenses“ unter Feliae de Nobel ebenfalls in der Kirche S. Romano einem begeisterten Publikum boten. Im geistigen und emotionellen Mittelpunkt des wahrhaft festlichen Musikfestes stand das im berühmten Dom von Lucca stattgefundene Konzert der aus der „Schote Cantorum Romana“ hervorgegangenen „Cappella Musicale Ponteficia“, deren heutiger Name „Cappella Sistina“, ihrem eigentlichen Standort, der Sixtini-schen Kapelle, entstammt, wo die liturgischen Hochfeste des Jahres gefeiert wurden. Es sei hier an den überwältigenden Eindruck erinnert, welchen Goethe in der Karwoche des Jahres 1788 dort empfirig.-Der derzeitige Leiter der Kapelle ist Msgr, Domenico Bartulocci, dessen -sechsstimmiges „Miserere“ und ebenfalls sechsstimmiges „Laudate Dominum“ — beide sind Werke von Geist und Stil — das interessant aufgebaute Programm beschlossen. Der musikalische Eckpfeiler der viel Bemerkenswertes und Schönes bietenden Aufführungsreihe war mit zwei Monumentalwerken zeitgenössischer Autoren gegeben, die von Borivoje Simic mit dem Chor und dem Symphonieorchester der Radiotelevision von Belgrad und Solisten von hoher Qualität geradezu hervorragend herausgebracht wurden: die in der intemationalen Musikwelt wohlbekannte „Lucas-Passion“ und Josip Slavenskis Kantate „Religiono-phonie“ für Sold, Chor und Orchester, deren musikalische Substanz und Form diese „religiöse Interpretation des menschlichen Lebens“, wie ihr Schöpfer sie genannt hatte, wohl bald zur Weltgeltung erheben dürfte.

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