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Seefried — Duhan — Lipp

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Ein Liederabend Irmgard Seefrieds, deren künstlerische Reife ihrer menschlichen entspringt, beid-s verschwistert einer unbesiegten Jugendlichkeit in Erscheinung und Temperament, zeigte unsere liebenswürdige Liedersängerin von einer neuen Seite. Stimme und Programm sind groß und breit strömend geworden, ohne das Heimelige intimer Lyrik oder das übermütig Humorige eingebüßt zu haben. Eines ist mit alledem unberührt geblieben: so schön sie Purcell und Dowland, so echt sie Schubert und Brahms und so ausdrucksvoll sie Gustav Mahler sang — das Eigenste und Beste gab sie in Hugo Wolf, in dessen Liedern alle ihre Vorzüge sich vereinen. — Ein ausschließlich Mozart gewidmeter Abend erwies darüber hinaus ihre kaum zu übertreffende Meisterschaft gerade seiner Interpretation. , Gesangliche Vollendung und souveräne Beherrschung des Geistig-Stilistischen vermochte die petit riens ebenso wie die lyrischen Kostbarkeiten und die dramatisch pointierten Arien ganz unakademisch als Ausdruck einer großen Persönlichkeit zu gestalten, die Arbeit erst dann als vollendet ansieht, wenn die letzten Spuren von Arbeit daraus verschwunden sind. Dies gilt auch für die Mitwirkung Wolfgang Schneiderhans und die Klavierbegleitung Eric Werbas.

Hans Duhan hat mit dem Vortrag von Schuberts „Winterreise“ seine ungebrochene künstlerische Vollkraft bewiesen. Die Sauberkeit und Sorgfalt in. Intonation, Phrase und Stimmkultur erinnert ebenso an die alte Schule wie der bei aller Noblesse das Sentimentale nicht immer vermeidende Gefühlsausdruck, der die zeitliche Distanz mehr unterstreicht als überbrückt und von Stil unversehens leicht zu Stilisierung absinkt. Wenn dies aber von der Gesamtwirkung dieses tragischesten und wohl auch schwierigsten aller großen Liederzyklen gilt, muß die besonders starke Wirkung einzelner Lieder, wie „Rückblick“, „Rast“, „Einsamkeit“, hervorgehoben werden, in deren Vortrag sich zeitloses und persönliches Erleben begegneten.

Wilma Lipp, stimmgewaltige Königin der Nacht und gewandte Konstanze, Gast der Covent Garden, der Scala und der Bayreuther Festspiele, präsentierte sich in einem Liederabend mit Zyklen von Pfitzner, Hugo Wolf, Schubert, Marx und Richard Strauss. (Eine Mozart-Arie bildete das virtuose Präludium.) Der Ausdruck umfaßte die Skala von zierlich-leicht bis mittelschwer, die technischen Anforderungen dieser Stücke reichten von „schwer“ bis „kaum mehr möglich“. Die Brentano-Lieder von Strauss, deren Singstimme mit fast instrumentaler Rücksichtslosigkeit geführt ist, wurden von Wilma Lipp mit Brillanz ausgeführt. Daneben sei der feine, intim-lyrische Ausdruck etwa in Wolfs „Christblume“ — nach einem Gedicht von Mörike, das auch von einem der großen Japaner der klassischen Epoche stammen könnte — nicht vergessen! Auch nicht die strenge Konzentration auf den Gehalt der Texte und der Musik, die keines „Spiels“ und keiner Operngestik bedürfen. Diese Bescheidung auf rein kammermusikalische Wirkungen ist um so höher zu schätzen, da die erfolgreiche Opernsängerin auch andere Register hätte ziehen können. Professor Victor Graef ist ein idealer Begleiter und Mentor. H.A.F.

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